Skip to main content

Bulgarien: Patriarch Neofit gestorben

03. April 2024

Das Oberhaupt der Bulgarischen Orthodoxen Kirche (BOK), Patriarch Neofit, ist nach langer Krankheit am 13. März 2024 verstorben. Der 78-jährige hatte das Patriarchenamt seit 2012 inne. Politiker und Kirchenleute würdigten ihn als bescheiden, gütig, diplomatisch und als einen Mann des Konsenses, als einen Kleriker mit Ausstrahlung und Bescheidenheit, der nicht nach Macht gestrebt und sich Kritik angehört habe. Diese Äußerungen waren einerseits eine Anerkennung von Neofits Qualitäten, andererseits dienten sie als verschlüsselte Botschaften darüber, was die Mehrheit der Gläubigen von einem künftigen Patriarchen erwartet. Dies gilt insbesondere angesichts der Erwartungen, dass sich Metropolit Nikolaj (Sevastianov) von Plovdiv als nächster Vorsteher der BOK positionieren würde, der in der bulgarischen Gesellschaft als eher anmaßend, polarisierend, nicht zum Dialog bereit und eng mit den Neureichen und Politikern verbunden wahrgenommen wird. 

Anlässlich des Todes des Patriarchen ordnete die Regierung eine zweitägige Staatstrauer an. Zur Beerdigung des Patriarchen am 16. März kamen fast alle Vertreter der höchsten Staatsmacht zusammen. Spannungen und Missverständnisse gab es wegen der Teilnahme von Vertretern anderer orthodoxer Kirchen an der Beisetzung. Für besondere Kontroversen sorgte die Anwesenheit des Oberhaupts der Orthodoxen Kirche in der Ukraine (OKU), Metropolit Epifanij (Dumenko), aber auch die Abwesenheit des russischen Patriarchen Kirill, die die russische Botschafterin Eleonora Mitrofanova damit erklärte, dass er nicht eingeladen worden sei. So wurde die Russische Orthodoxe Kirche durch ihren westeuropäischen Metropoliten, Metropolit Nestor (Sirotenko), vertreten. Und der westeuropäische Metropolit der BOK, Antonij (Michalev), stellte klar, dass die Anwesenheit von Epifanij kein Problem darstelle, da er nicht an den liturgischen Handlungen teilnehmen werde. Er fügte hinzu, dass die BOK noch keine Position zur Kanonizität der OKU eingenommen habe, da sie zuerst die Meinung anderer Kirchen abwarten wolle. 

Die Anwesenheit von Epifanij, die Abwesenheit von Patriarch Kirill und die Tatsache, dass der Ökumenische Patriarch Bartholomaios, der seit langem zur Zielscheibe prorussischer Kreise in Bulgarien geworden ist, die Beerdigung von Patriarch Neofit leitete, werden in den sozialen Medien als möglicher Versuch einiger BOK-Hierarchen interpretiert, einen dezenten prowestlichen Kurs zu verfolgen.

Vladislav Atanassov

Drucken