Ukraine: Fusionspläne der orthodoxen Kirchen vorerst gescheitert
Trotz langwieriger Fusionsverhandlungen werden sich die beiden unkanonischen orthodoxen Kirchen in der Ukraine vorerst nicht zusammenschließen. Die Gespräche zwischen der Ukrainischen Orthodoxen Kirche–Kiewer Patriarchat (UOK–KP) und der Ukrainischen Autokephalen Orthodoxen Kirche (UAOK) sind aufgrund von Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Zahl der Delegierten am Vereinigungskonzil und des Namens der vereinigten Kirche gescheitert. Zudem konnten sich beide Seiten nicht auf ein Wahlverfahren für das Oberhaupt einigen, was zu einem Abbruch der Verhandlungen führte.
Dabei schienen die Chancen auf eine Vereinigung von UOK–KP und UAOK diesmal durchaus realistisch: Am 8. Juni hatten sich beide Kirchen auf eine elf Punkte umfassende Vereinbarung zum Zusammenschluss geeinigt, und als Termin für das Vereinigungskonzil war bereits der 14. September in der Kiewer Sophienkathedrale festgelegt worden. Bei den Verhandlungen der beiden Kirchen war auch das Ökumenische Patriarchat von Konstantinopel durch zwei Beobachter vertreten: durch die Bischöfe Ilarion (Rudnik) und Daniel (Zelinskyy), Vorsteher der ukrainisch-orthodoxen Kirche von Kanada und den USA. Die UOK–KP und die UAOK hofften durch eine Vereinigung vom Ökumenischen Patriachat anerkannt zu werden.
Während die UOK–KP die Fusionspläne bereits am 18. Juni billigte, forderte die UAOK Anfang Juli genauso viele Delegierte wie die wesentlich größere UOK–KP beim Vereinigungskonzil stellen zu dürfen. Die UOK–KP wies diesen Vorschlag als „ungerecht“ zurück, da sie 4877 Gemeinden umfasse, während die UAOK lediglich aus 1225 Gemeinden bestehe. Die UOK–KP schlug stattdessen vor, dass es pro 15 Gemeinden einen Delegierten geben solle. An einer gemeinsamen Tagung am 9. Juli konnten sich beide Seiten nicht auf einen Kompromiss einigen. Außerdem bestand die UAOK darauf, dass für den Posten des Oberhaupts Bischöfe beider Kirchen kandidieren sollten. Diese Forderung richtete sich vor allem gegen den Leiter der UOK–KP, Filaret (Denisenko), der aufgrund seines schillernden Lebenswandels in der Ukraine nicht unumstritten ist. Die UOK–KP bedauerte das Scheitern der Verhandlungen und rief „patriotische Priester und Kirchgemeinden“ der UAOK auf, am Vereinigungsprozess festzuhalten. Zudem behauptete sie, dass der Meinungsumschwung der UAOK mit dem Einfluss prorussischer Kräfte zusammenhänge. Diese wies den Vorwurf empört zurück.
Die Ukrainische Orthodoxe Kirche–Moskauer Patriarchat (UOK–MP) begrüßte dagegen das Scheitern der Verhandlungen und betonte, sie sei auf der Grundlage des Kirchenrechts und der Regeln der Weltorthodoxie zum Dialog mit allen Teilen der Orthodoxie in der Ukraine bereit. Besonders verärgert hatte die UOK–MP und das Moskauer Patriarchat auf die Teilnahme Konstantinopels an den Vereinigungsverhandlungen zwischen UOK–KP und UAOK reagiert: Das Ökumenische Patriarchat sei ohne Rücksprache mit der UOK–MP auf deren „kanonischem Territorium“ aktiv geworden. Das Moskauer Patriarchat hatte bereits in der Vergangenheit jede eigenmächtige Initiative Konstantinopels in der Ukraine missbilligt. Konstantinopel versteht sich dagegen als Mutterkirche mit bestimmten Vorrechten gegenüber den Tochterkirchen.
www.risu.org.ua, 10., 13., 14. Juli;
KNA-ÖKI, 6., 13. Juli;
www.interfax-religion.ru, 10. Juli; Kathpress, 7. Juli 2015 – N.Z.