Russische Kirche zweifelt an Echtheit der Gebeine der Zarenfamilie

Die Russische Orthodoxe Kirche will trotz eines am 11. November bekannt gegebenen positiven Gentests die Gebeine des letzten Zaren Nikolaj II. vorerst nicht als echt anerkennen.

Im Juli hatte die Kirchenleitung eine Untersuchung der in der Peter-und-Paul-Kathedrale in St. Petersburg beigesetzten sterblichen Überreste angeordnet. Diese sei noch nicht abgeschlossen, sagte der Leiter der Synodalabteilung für die Beziehungen zwischen Kirche und Gesellschaft, Erzpriester Vsevolod Tschaplin. Chefermittler Vladimir Solovjov erklärte, die Ergebnisse der DNA-Untersuchung des im September exhumierten Herrscherpaares seien zwar eindeutig. Doch um ganz sicher zu sein, solle nun auch das Grab von Zar Alexander III., des Vaters von Nikolaj II., geöffnet werden. Es befindet sich ebenfalls in der Peter-und-Paul-Kathedrale in St. Petersburg. Solovjov kündigte einen Vergleich der DNA der beiden Zaren an.

Ein Erschießungskommando der Bolschewiken hatte den letzten Zaren, seine Familie und mehrere Diener 1918 hingerichtet. 1991 waren die Leichen von Nikolaj II., seiner Gattin Alexandra und drei der fünf Kinder des Herrscherpaares bei Jekaterinburg entdeckt worden. Die Kirchenleitung boykottierte 1998 das Staatsbegräbnis der fünf Mitglieder der Romanow-Dynastie in der St. Petersburger Kathedrale. Im Jahr 2000 hatte die Russische Orthodoxe Kirche die Zarenfamilie heiliggesprochen. Der damalige Patriarch Alexij II. hatte deren Kanonisation zunächst abgelehnt. Als Kompromiss zwischen den Anhängern und Gegnern von Nikolaj II. würdigt die Kirche nur den im Glauben ertragenen Tod als Märtyrium und nicht die umstrittene politische Herrschaft des Zaren.

KNA-ÖKI, 16. November 2015.

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