Georgien: Georgisches Parlament verabschiedet Gleichstellungsgesetz
Trotz heftiger Proteste der Georgischen Orthodoxen Kirche hat das georgische Parlament am 3. Mai ein Gleichstellungsgesetz verabschiedet.
Das neue Gesetz schreibt gleiche Rechte für alle Einwohner des Landes vor, unabhängig von Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Staatsbürgerschaft, Glaubensbekenntnis, Familienstand, sexueller Orientierung und politischen Ansichten. Das Gesetz ist eine der Vorbedingungen der EU für Visaerleichterungen georgischer Bürger. Beobachter bewerteten die Verabschiedung des Gesetzes angesichts des großen öffentlichen Einflusses der Georgischen Orthodoxen Kirche als mutigen Schritt.
Bereits vor der ersten Lesung war es zu Protesten der Kirche und von orthodoxen Gläubigen gekommen (s. RGOW 27/2014, S. 4); wenig später erklärte Patriarch-Katholikos Ilia II. am 28. April, die orthodoxen Gläubigen seien alarmiert angesichts der Wortwahl „sexuelle Orientierung“ und „Gender-Identität“ und forderten deren Streichung. „Die Persönlichkeitsrechte des Einzelnen sind durch das derzeit gültige Gesetz unseres Landes hinreichend geschützt. Zu Recht sind die nicht-traditionellen Beziehungen für die gläubigen Bürger eine Todsünde und der in der jetzigen Form vorliegende Gesetzesentwurf dementsprechend Propaganda und Legitimierung dieser Sünde“, so der Patriarch-Katholikos. Der Annahme des Gesetzes müsse zwingend eine breit angelegte Diskussion mit Beteiligung der Öffentlichkeit und der Kirche vorangehen.
Im Vorfeld der Verabschiedung des Gesetzesentwurfs waren Vertreter der Georgischen Orthodoxen Kirche zu den Anhörungen im Parlament eingeladen worden; sie hatten die Abgeordneten zu überzeugen versucht, Rücksicht auf die Haltung des Patriarchats zu nehmen und „die Sünde nicht zu legalisieren, die eine Beleidigung der georgischen Tradition“ darstelle und Widerstand in der Bevölkerung hervorrufen würde. Mehrere orthodoxe Gruppierungen organisierten zudem Protestaktionen mit Parolen wie „Legalisierung und Propaganda der Homosexualität sind Genozid an der Nation“ und „Wir fordern ein Verbot für das Predigen der Unzucht“.
Nach der Verabschiedung des Gesetzes sagte der Leiter der EU-Mission in Tbilissi, Filip Dimitrov, gegenüber der Presse, nun öffne sich Georgien der Weg für Visaerleichterungen. Die Abgeordnete der Regierungspartei „Georgischer Traum“, Tamar Kordsaija, erklärte, das georgische Parlament habe die Menschenrechte, die Gleichheit aller Bürger sowie den Respekt vor der Würde des Menschen im Land gestärkt. Das neue Gesetz widerspreche weder christlichen Werten noch der Moral. Der Parlamentsvorsitzende David Usupaschvili sagte: „Georgien muss Entscheidungen treffen, die in der gesamten zivilisierten Welt gelten und darf nicht gemeinsam mit Russland in der unzivilisierten Welt verbleiben.“
www.pravmir.ru, 28. April; www.portal-credo.ru, 2., 5. Mai 2014 – O. S.