Religion und Politik in Polen
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Magdalena Solska: Der ambivalente „gute Wandel“ in Polen
Nach ihrem Wahlsieg hat die Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) in kürzester Zeit eine Reihe umstrittener Gesetze zum Verfassungsgericht, zur Verwaltung und zu den Medien verabschiedet. Trotz ihrer Selbstdarstellung als Vertreterin des Volkswillens hat die PiS jedoch kein Wählermandat zu einem radikalen Umbau der Staatsstruktur. Langfristig hängt der Erfolg der Partei davon ab, ob sie ihre sozialen Versprechen einlösen kann.
Justyna Zając: Justizreform in Polen
Seit ihrem Regierungsantritt verfolgt die Partei Recht und Gerechtigkeit eine umfassende Justizreform. Als erstes hat sie die Funktionsweise des Verfassungsgerichts verändert, was national wie international auf scharfe Kritik gestoßen ist. Mit der Justizreform drohen eine Politisierung der Justiz und eine Aushebelung der Gewaltenteilung. Die Mehrheit der polnischen Gesellschaft nimmt daran jedoch keinen Anstoß, zwei Drittel der Bevölkerung stehen der PiS-Regierung positiv oder gleichgültig gegenüber.
Piotr Buras: Polens Außenpolitik auf dem Weg einer Ent-Europäisierung?
Die polnische Außenpolitik unter der PiS-Regierung wird vor allem von deren innenpolitischen Interessen bestimmt. In Abgrenzung zur Vorgängerregierung setzte sie auf Großbritannien anstelle Deutschlands als engsten Verbündeten Polens in der EU. Der Brexit und die gegenwärtige Debatte über die Zukunft der EU zeigen jedoch die Fehleinschätzungen dieser Politik. Innerhalb der EU ist Polen zunehmend isoliert, dies versucht die Regierung durch eine engere Anlehnung an die USA wettzumachen.
Janusz Mariański: Die katholische Kirche Polens im sozialen Wandel
Laut soziologischen Umfragen zeichnet sich in der polnischen Gesellschaft ein deutlicher Wandel von einer institutionellen zu einer individueller gestalteten Religiosität ab. Während die Kirche als Institution kaum in Frage gestellt wird, werden politische Äußerungen des Klerus immer weniger akzeptiert. Die katholische Kirche Polens steht vor der Herausforderung eine Kirchlichkeit zu entwickeln, die Modernität und Religiosität nicht als Gegensätze postuliert.
Dorian Winter: Zeit zum Umdenken: Die katholische Kirche in Polen
Die Kirchenleitung der katholischen Kirche in Polen und die bei den Parlamentswahlen siegreiche Partei Recht und Gerechtigkeit stehen sich ideologisch nahe. Beide Seiten träumen von einem national und kulturell homogenen Polen. Die Gläubigen erwarten von der Kirche jedoch keine politischen Parolen, sondern vor allem Modelle, um ihren Glauben in einer zunehmend pluralistischen Gesellschaft zu leben.
Paulina Guzik: Missbrauch in der polnischen Kirche – Licht am Horizont?
Der Dokumentarfilm „Sag es bloß niemandem“ über sexuellen Missbrauch durch Geistliche hat die polnische Gesellschaft erschüttert. Die Kirchenleitung hat weitere Maßnahmen bezüglich der Prävention und der Opferhilfe beschlossen. Was die Rechenschaftspflicht des Klerus und die innerkirchliche Kommunikation anbelangt, sind jedoch noch Fragen offen.
Elżbieta Baniewicz: Künstlerische Kritik am Bündnis von Thron und Altar in Polen
Die polnische Film- und Theaterszene sorgt vor allem dann für hitzige gesellschaftliche Debatten, wenn sie Kritik an der katholischen Kirche übt. Das zeigen die medialen Skandale um das Theaterstück „Der Fluch“ (2017) und den Film „Klerus“ (2018), die heikle Themen wie Abtreibung, sexuellen Missbrauch und Korruption ins Visier nehmen. Deren Radikalität spiegelt die zunehmende Ungeduld von Teilen der Gesellschaft über das enge Staat-Kirche-Verhältnis wider.
Agata S. Nalborczyk: Muslime in Polen
Seit 1936 ist der Islam in Polen eine staatlich anerkannte Religion. Das Land blickt auf eine lange Tradition des Zusammenlebens mit tatarischen Siedlern zurück, denen schon im 14. Jahrhundert Religionsfreiheit gewährt wurde. Durch zahlreiche Immigranten hat sich in den letzten Jahren die Struktur der muslimischen Bevölkerung verändert. Die Muslime profitieren in Polen von in Europa seltenen Rechten wie schulischem Religionsunterricht und ritueller Bestattung. Intensiv gepflegt wird auch der christlich-muslimische Dialog.
Paweł Załęcki: Neue religiöse Bewegungen in Polen
Die ersten neuen religiösen Bewegungen in Polen entstanden bereits zu kommunistischer Zeit. Während sich mehrere neue religiöse Bewegungen aus dem Ausland fest im Land etabliert haben, sind die ausschließlich polnischen Gruppierungen eine Randerscheinung geblieben. Von Bedeutung sind hingegen neue geistliche Bewegungen, die sich im Rahmen der römisch-katholischen Kirche entfaltet haben.