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Benedikt XVI. empfängt weißrussischen Präsidenten Lukaschenko

20. Mai 2009

Der Präsident Weißrusslands, Alexander Lukaschenko, wurde im Zuge seines Italienbesuchs am 27. April von Papst Benedikt XVI. zu einem Gespräch empfangen - es war die erste Reise Lukaschenkos in ein EU-Land nach 14 Jahren: Der Staatschef Weißrusslands war wegen Menschenrechtsverletzungen und Wahlfälschungen von der EU zur persona non grata erklärt worden; letzten Oktober hob Brüssel jedoch das Einreiseverbot auf - trotz erheblichen Widerstands in den eigenen Reihen.

Bis zum Schluss blieb unklar, ob es überhaupt zum Besuch im Vatikan kommen werde: Vor seiner Reise nach Italien hatte Lukaschenko am 23. April in seiner jährlichen Rede an die Nation vollmundig verkündet, der «mögliche Besuch» beim Papst spiegele «die hohe Achtung der katholischen Kirchenleitung » für seine Politik gegenüber den Katholiken wider, zwischen Weißrussland und der katholischen Kirche gebe es keine Probleme mehr. Allerdings ist dem mitnichten so: Nach wie vor ungelöst ist z. B. der Streit um ausländische katholische Geistliche, auf welche die katholische Kirche in Weißrussland noch viele Jahre angewiesen sein wird (s. G2W 5/2008, S. 11; S. 30). 2004 hatte die Regierung Weißrusslands rund 30 Priestern und Ordensfrauen die Fortsetzung ihrer Arbeit im Lande verboten. Lukaschenko begab sich in Begleitung seines Außenministers, Sergej Martynov, des weißrussischen Botschafters beim Heiligen Stuhl, Sergej Alejnik, sowie seines Sekretärs für internationale Fragen, Valentin Rybakov, in den Vatikan. Bei der Begrüßung durch den Papst meinte Lukaschenko, der sich selbst als «christlich-orthodoxen Atheisten» bezeichnet, leutselig: «Unser Treffen hat sich um viele Jahre hinausgezögert, doch endlich sind wir einander begegnet. Wenn Sie Zeit finden, werden wir einander auf weißrussischem Boden begegnen. So Gott will.» Papst Benedikt führte Lukaschenko anschließend zu einem 25-minütigen Gespräch unter vier Augen in die Bibliothek des Vatikans. Dem Pressekommuniqué zufolge ging es dabei um «interreligiöse und interkulturelle Fragen, um die Lage der katholischen Kirche in Weißrussland, um innenpolitische Probleme sowie um weitere Themen von gemeinsamem Interesse». Die Begegnung sei in «positiver Atmosphäre» verlaufen. Im Anschluss an die Audienz führte die weißrussische Delegation eine Unterredung mit Staatssekretär Tarcisio Kardinal Bertone sowie dem Sekretär für die Beziehungen zwischen den Staaten, Erzbischof Dominique Mamberti. Diskutiert wurden die internationale Lage sowie Entwicklungsperspektiven der Beziehungen zwischen Weißrussland und dem Vatikan. Am Abend wurde Lukaschenko von Italiens Staatschef, Silvio Berlusconi, und Außenminister Franco Frattini zu einem privaten Abendessen empfangen. Im Vorfeld hatte Frattini gegenüber der Presse erklärt, die italienische Regierung werde Lukaschenko dazu aufrufen, rechtsstaatliche Prinzipien sowie die Rechte und Grundfreiheiten der weißrussischen Bürger einzuhalten. Die nicht unumstrittene Visite Lukaschenkos stand im Zusammenhang mit dem EU-Gipfel, der am 7. Mai in Prag das neue EU-Programm «Östliche Nachbarschaft» eröffnete. An diesem Gipfel wurden neben Weissrussland Armenien, Aserbaidschan, Georgien, die Republik Moldau sowie die Ukraine eingeladen, näher an die EU heranzurücken. Auch wenn von Beitrittsverhandlungen zur EU noch lange keine Rede sein kann, so sollen jene Staaten für den politischen und wirtschaftlichen, rechtsstaatlichen Umbau ihrer Gesellschaften finanzielle Unterstützung erhalten. Nach erheblichem Zögern innerhalb der EU wurde Lukaschenko schließlich auch noch nach Prag eingeladen. Dort liess er sich jedoch durch Vize-Regierungschef Wladimir Semaschko vertreten. Das Oberhaupt der katholischen Kirche in Weißrussland, Erzbischof Tadeusz Kondrusiewicz, bezeichnete die Begegnung zwischen Papst und Lukaschenko als «denkwürdig» und «als wichtiges Ereignis für das Land und die katholische Kirche.» Angesichts der Autorität des Vatikans sei das Treffen für das Land im Allgemeinen und für die katholische Kirche im Besonderen außerordentlich wichtig: «Allein die Tatsache dieser Begegnung in einer Zeit, in der die Beziehungen zwischen Weißrussland und der EU vorankommen, ist bedeutsam». Es vergehe keine Woche, in der nicht ein Vertreter der EU das Land besuche. Das Verhältnis zwischen katholischer Kirche und weißrussischer Regierung entwickle sich «dynamisch». «Natürlich gibt es auch Probleme, die man lösen muss - und sie lösen sich allmählich. »

www.domradio.de, 26. April; www.religio.ru, 27., 28. April; www.portal.credo.ru, 27., 28. April; www.de.rian.ru, 28. April 2009 - O.S.

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