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Beziehungen der ROK zu Konstantinopel und den Protestanten

20. Mai 2009

Am 10. April 2009 erläuterte Bischof (seit 20. April Erzbischof ) Ilarion (Alfeev) von Volokolamsk, der neue Leiter des Kirchlichen Außenamtes des Moskauer Patriarchats, die künftigen Akzente der Außenpolitik seiner Kirche. Es ist davon auszugehen, dass diese programmatische Rede genauestens mit Patriarch Kirill abgestimmt worden war. Schon lange ist erkennbar, dass Moskau den Titel des Ehrenoberhaupts der Orthodoxie «Ökumenischer Patriarch» für das Oberhaupt der Russischen Kirche beansprucht. Bischof Ilarion erklärte: «Als eine der zentralen Herausforderungen sehe ich die Lage, die sich aufgrund des Führungsanspruchs des Patriarchats Konstantinopel heute in der Orthodoxie zwischen einzelnen Kirchen herauskristallisiert hat. Dabei geht es im Grunde genommen darum, dass man [Konstantinopel - G.S.] der Orthodoxie ein der katholischen Kirche analoges Modell aufzwingen will - eine maximal zentralisierte Kirchengewalt mit einem Bischof an der Spitze, der zugleich das Oberhaupt der universalen Kirche ist. Dieses Modell ist an sich nicht schlecht. Aber es hat in der orthodoxen Tradition nie ein solches Modell gegeben. Und ich glaube nicht, dass wir das Recht haben, die Lehre von der orthodoxen Kirche dahingehend zu ändern. Doch genau dazu ruft uns die Führung des Patriarchats Konstantinopel auf. Jedoch sind wir lediglich bereit, den Patriarchen von Konstantinopel als Ehrenoberhaupt der Orthodoxie, nicht jedoch eine Neuinterpretation dieses Ehrenprimats von Konstantinopel als Jurisdiktionsprimat zu akzeptieren. Aus der Sicht Konstantinopels obliegt dem Patriarchat Konstantinopel die Leitung der sog. orthodoxen Diaspora. Dieses Konzept sieht folgendermaßen aus: Es gibt orthodoxe Länder mit Nationalkirchen (Zypern, Rumänien, Bulgarien usw.). Alle Orthodoxen, die nicht innerhalb der Grenzen kanonischer Kirchen leben, unterstehen Konstantinopel. Mehr noch: Nicht einmal ihre eigenen kanonischen Grenzen dürfen die einzelnen Nationalkirche festlegen, sondern müssen sich dem fügen, was ihnen Konstantinopel territorial zugesteht.» Bischof Ilarion führte weiter aus, Konstantinopel habe vor zwei Jahren in Ravenna ein Konzept vorgelegt, «wonach nur jene Kirchen richtige orthodoxe Kirchen seien, die in Kommunion mit Konstantinopel stünden. Mit andern Worten: Uns wird eigentlich eine völlig katholische Vorstellung aufoktroyiert, denn für die katholische Kirche ist ein wahrer Bischof nur der, der in Kommunion mit Rom steht. [...] Kurz: Vor uns liegt ein Komplex höchst strittiger Fragen, den wir in den nächsten Monaten klären müssen. Bereits im Juni wird eine inter-orthodoxe Konferenz zum Thema ‹Diaspora› stattfindet, an der man uns genau dieses Modell aufnötigen will. Demzufolge sollen alle unsere Kirchen und Eparchien im Ausland der Leitung griechischer Bischöfe unter- stellt werden. Weder können wir noch wollen wir verstehen, warum wir das tun müssen.» Als weniger drängend bezeichnete Bischof Ilarion Probleme im «Verhältnis zur katholischen Kirche», wohingegen er die Beziehungen zu den protestantischen Kirchen als «sehr ernste Probleme » charakterisierte: «Wir erleben gegenwärtig eine fundamentale Divergenz zwischen den Kirchen der Tradition sowie jenen Kirchen, die sich darangemacht haben, die Dogmen- und Morallehre zu revidieren. Viele protestantische Gemeinden des Nordens und Westens entfernen sich von den grundlegenden Normen des Christentums immer weiter und erschweren uns damit den Dialog. Mit einigen protestantischen Kirchen haben wir den theologischen Dialog bereits abgebrochen, und es sieht danach aus, dass es nicht bei diesen wenigen bleiben wird.» Das Verhältnis von Staat und Kirche in Russland fasste Erzbischof Ilarion unter dem Begriff «Symphonia» zusammen, den er als «Nichteinmischung in die Angelegenheiten des anderen bei gleichzeitiger Zusammenarbeit in einer Reihe von Fragen» deutete. Zum ersten Mal seit 300 Jahren fühle sich die Russische Kirche «absolut frei», während sich im Ausland viele Bischöfe der katholischen Kirche, aber auch Vertreter anderer Kirchen, wegen der «political correctness» eingeschränkt fühlten: «Bei uns hingegen hat die Kirche die Möglichkeit, mit lauter Stimme zu sprechen. » www.religare.ru, 10. April; www.portal-credo.ru, 13. April 2009 - O.S./G.

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