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Calvin-Konferenz in St. Petersburg

30. November 2009

Am 24. und 25. September fand in St. Petersburg im Rahmen des Calvin-Jubiläumsjahres eine internationale Konferenz zum Thema «Calvin and the modern world» statt. Veranstaltet wurde sie von der «Russischen Christlichen Humanistischen Akademie», einer freien Hochschule, in der Sprachen, Kulturgeschichte, Philosophie, Religionswissenschaft und Theologie gelehrt werden.Die Themen der Vorträge kreisten vor allem um Anknüpfungspunkte zwischen Calvins Theologie und der orthodoxen Theologietradition.

Die Hochschule war 1989 gegründet worden; an ihren Lehrveranstaltungen nehmen derzeit rund 800 Studierende teil, viele von ihnen berufsbegleitend oder im Fernstudium. Die von Rektor Dmitrij Burlaka geleitete Akademie gibt auch philosophische und theologische Literatur heraus. 1995 hatte G2W einen der ersten von der Akademie herausgegebenen Bände finanziert und konnte damit zum Start einer inzwischen sehr erfolgreichen Buchreihe einen Beitrag leisten.

Arie Baars (Apledoorn) zeigte, dass Calvins Trinitätslehre ihre Wurzeln größtenteils in der Theologie der griechischen Kirchenväter hat. Aus der Darstellung dieser Verbindung zog er den Schluss, West und Ost könnten viel voneinander lernen. Erich Bryner (Schaffhausen) arbeitete die engen Zusammenhänge zwischen dem Alten und dem Neuen Testament in Calvins Bundestheologie heraus und stellte sie dem orthodoxen Konzept von der Heilsordnung Gottes, der oikonomia, gegenüber. Dmitrij Burlaka (St. Petersburg) würdigte Calvins Staatstheorie mit ihren Ansätzen zur Trennung von Staat und Kirche und zeigte auf, wie die «Desakralisierung» der Kirche in der reformierten Tradition der Orthodoxie große Mühe bereitet. Eberhard Busch (Göttingen) verwies auf die ökumenischen Dimensionen in Calvins Theologie. Er bezeichnete Calvin als «Musterbeispiel für das Prinzip Global denken - lokal handeln». Einem wenig bekannten Aspekt der Calvin-Rezeption widmete sich Natalja Revunenkova (St. Petersburg), die ausführte, dass das Staatliche Museum für Religion in St. Petersburg viel Material über Leben, Werk und Nachwirkung Calvins besitzt. Sergej Chudiev (Moskau) setzte sich mit Calvins Prädestinationslehre auseinander. Bei dieser komme aus russisch-orthodoxer Sicht die Freiheit und Verantwortlichkeit des Menschen, die Zusammenarbeit zwischen Gott und Mensch in der Angelegenheit des Heils, Buße und Reue zu kurz.

Weitere Beiträge von Forschern aus Europa und den USA widmeten sich Themen, die nicht unmittelbar im Bezug zum Durchführungsort der Konferenz standen. Die Konferenz bot ein breites Spektrum von Fragestellungen zu Calvins Theologie und ihrer Rezeption bzw. Kritik aus reformierter und orthodoxer Sicht. Calvins Bedeutung für die Geschichte und die Ökumene wurde gewürdigt, Gemeinsamkeiten und Differenzen für die Begegnung von West und Ost diskutiert.

Erich Bryner, Schaffhausen

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