Skip to main content

Dokumentenfund: Stalin befahl Zerstörung der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche

28. September 2009

Ein der katholischen Nachrichtenagentur «Kathpress» in Wien übermitteltes Dokument aus dem Geheimarchiv der einstigen KPdSU vom 17. Dezember 1945 bestätigt einen lange gehegten Verdacht: Stalin und der damalige ukrainische KP-Chef Nikita Chruschtschew haben persönlich die Liquidierung der Griechisch-Katholischen («Unierten») Kirche in der Westukraine befohlen und gesteuert. In dem Brief informiert Chruschtschew Stalin über Vorbereitung und Verlauf der Liquidierung der Griechisch-Katholischen Kirche:

«[...] Dem Genossen Stalin, J.W. Als ich in Moskau war, habe ich Sie informiert über die geleistete Arbeit zur Zerstörung der unierten Kirche und den Übertritt der unierten Geistlichkeit in die orthodoxe Kirche. Als Ergebnis der geleisteten Arbeit bildete sich aus der Zahl der unierten Geistlichen eine ‹Initiativgruppe›. Diese Gruppe schickte an den Rat der Volkskommissare [...] folgende Dokumente: 1) Ein Schreiben an den Rat der Volkskommissare über die Lage der griechisch-katholischen Kirche in der Westukraine. 2) Einen Brief der ‹Initiativgruppe› an die gesamte Geistlichkeit der griechisch-katholischen Kirche. Dieses Dokument werden sie der Geistlichkeit erst dann übermitteln, nachdem wir die Existenz der ‹Initiativgruppe› gestattet haben werden. Bei der Überreichung der Dokumente an den Mitarbeiter des NKWD und Referenten für konfessionelle Fragen beim Volkskommissariat [...] haben sie gebeten, bei positiver Entscheidung den Brief an das Volkskommissariat nicht eher zu publizieren, bis sie das zweite Dokument an die gesamte Geistlichkeit nach Diözesen verschickt hätten. Alle Dokumente wurden erstellt von Kirchenleuten, bei der Redigierung dieser Dokumente haben unsere Leute in keiner Weise teilgenommen. Ich sende Ihnen den Text unserer Antwort. Ich denke, dass man ihrer Bitte entsprechen sollte [...].»

In Ergänzung zu diesem Brief publizierte der russischsprachige Dienst des Radiosenders Radio Liberty am 18. August drei bisher unveröffentlichte Briefe von Patriarch Alexij I. (Simanski) an den KGB-Oberst Georgij Karpov, Chef des Rates für die Angelegenheiten der Russischen Kirche beim Rat der Volkskommissare der UdSSR. In einem der drei Briefe, datiert vom 7. Dezember 1945, macht der Patriarch Vorschläge, wie die griechisch-katholischen Geistlichen am raschesten in die Russische Kirche integriert werden sollten: «Alexij I. an G. Karpov, 7. Dezember 1945: In den Eparchien der Westukraine verläuft zur Zeit der Wiedervereinigungsprozess der Griechisch-unierten mit der Orthodoxen Kirche. Angeführt wird diese Bewegung von der sog. Initiativgruppe unter der Leitung [...] des Priesters Dr. Gavriil Kostelnyk. Die Vereinigung vollzieht sich durchaus erfolgreich, wie aus dem Rapport Priester Kostelnyks - vom 3. Dezember 1945 - an mich ersichtlich ist: Mehr als 800 Priester hätten sich der Initiativgruppe bereits angeschlossen, und zum neuen Jahr rechne sie, bis auf ganz wenige ‹Halsstarrige›, mit dem Anschluss des gesamten Klerus. Das Volk folge dem Klerus. Die Initiativgruppe plant die Einberufung der Eparchialräte in den Eparchien der Westukraine [...], die eine Verfügung über die Rückkehr in die Orthodoxie erlassen sowie die Einberufung eines Konzils beschließen sollen. Dazu meine folgenden Überlegungen: 1) [...] Ich denke, eine Einberufung der Eparchialräte [...] macht nicht nur Sinn, sondern ist auch nützlich als Zeichen dafür, dass sich die Vereinigung aufgrund der freien Willensäußerung der unierten Geistlichkeit vollzieht, und nicht auf Druck der orthodoxen Kirchenleitung mit Unterstützung der zivilen Macht erfolgt. Gleichzeitig wäre es zweckdienlich, wenn auch einzelne Priester mit ihren Gemeinden aufgenommen würden - je mehr solche individuellen Aufnahmen es gäbe, umso sicherer wäre ein positives Resultat an den Eparchialversammlungen. Auf diese Weise könnte man die unierten Gemeinden darüber informieren, dass sich die Priester mit ihrem Wunsch nach Wiedervereinigung neben der Initiativgruppe auch frei an den orthodoxen Bischof wenden könnten; diesem Wunsch würde umgehend stattgegeben und die Priester würden in ihrem Rang mitsamt ihren Gemeinden aufgenommen werden. 2) [...][Die Organisierung eines allunierten Konzils] ist nicht nötig, denn es stehen keine Fragen mehr offen, die einer kollektiven Erörterung und Entscheidung bedürfen würden: Die einzige Frage [über die Vereinigung] entscheidet jede Gemeinde auf ihrer Eparchialversammlung. 3) Zu welchen Bedingungen werden unverheiratete unierte Geistliche aufgenommen? Für die kanonisch korrekte Entscheidung dieser Frage muss folgendes beachtet werden: a) die Weihen der Katholischen Kirche werden von der Orthodoxen Kirche anerkannt, und katholische Priester werden in ihrem Rang aufgenommen, nachdem sie den nichtorthodoxen Lehren der Katholischen Kirche abgeschworen haben. In der Orthodoxen Kirche ist der sog. weiße (nicht-monastische) Klerus größtenteils verheiratet, wobei die Ehe vor der Priesterweihe zu erfolgen hat. [...] 4) Was ist von Seiten des Exarchats zu tun, um den Übertritt der Unierten in die Orthodoxie zu erleichtern und zu beschleunigen? a) Als erstes müssen die Tore der Orthodoxen Kirche für die Aufnahme und Wiedervereinigung der Priester und Gemeinden weit geöffnet und nicht nur auf die enge Pforte der ‹Initiativgruppe› beschränkt werden. [...] b) Nach dem Beispiel der Liquidierung der Union seinerzeit in Litauen und Polen, als Änderungen im Ritus nicht sofort, sondern allmählich eingeführt wurden, werden wir auch heute nicht auf einer raschen und gewaltsamen Änderung der äußeren gottesdienstlichen Formen und der äußeren Gestalt der Priester (Kleidung, Bart usw.) bestehen. Entscheidend ist das Wesentliche: das orthodoxe Glaubensbekenntnis; der Verzicht auf Kommemoration des Papstes und stattdessen des Patriarchen und des jeweiligen Bischofs als Zeichen der Vereinigung mit der Orthodoxen Kirche; das Feiern von Ostern nach der östlichen Ostertafel; die Übernahme des orthodoxen Kalenders und der Verzicht auf Kommemoration der katholischen Heiligen (Iosafat Kunzewitschs u.a.). c) Aus dem Kreis der aufgenommenen Priester sind diejenigen zu Bischöfen zu weihen, die den Anforderungen orthodoxer Kandidaten für das Bischofsamt entsprechen (Alter, Mönchstand, makelloser Lebenswandel, Bildung usw.).» [...]

www.kathpress.at, 28. Juli; www.portal-credo.ru, 18. August 2009 - O.S.

Drucken