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Kardinal Husar zur Rolle der Unierten in der Ukraine

20. August 2009

Kardinal Husar, der als Großerzbischof von Kiew-Halyc der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche (UGKK) vorsteht, bestätigte in einem Interview mit der ukrainischen Zeitung «Linkes Ufer» am 8. Juli, dass sich die UGKK darum bemüht, den Status eines Patriarchats zu erhalten.

Die UGKK ist mit 5,5 Mio. Gläubigen in der Ukraine und in der Diaspora die größte der mit Rom unierten Ostkirchen. Als eine der fünf großen Kirchen auf dem Staatsgebiet der Ukraine (neben den drei orthodoxen Kirchen sowie der römisch-katholischen) wird sie von Vertretern aus der Politik umworben. Zuletzt machte in diesem Zusammenhang eine Äußerung des ukrainischen Staatspräsidenten Juschtschenko von sich reden. Im Anschluss an seinen Besuch beim Papst Anfang Juni 2009 stellte dieser in einem Gespräch mit Studenten und Seminaristen des päpstlichen St.-Josaphat-Collegiums fest, die Ukrainische Griechisch-Katholische Kirche spiele «eine wichtige Rolle als mächtige Basis unserer nationalen Identität». Solche Wertschätzung erstaunt aus dem Munde des Politikers, der sich bis dahin vor allem als Förderer der orthodoxen Einheit in der Ukraine profiliert hatte. Ein Kommentator der russischen Tageszeitung Nezavisimaja Gazeta meinte denn auch, Juschtschenko habe die Unierten erst für sich entdeckt, nachdem sich sein Traum von der Vereinigung der drei verschiedenen orthodoxen Kirchen auf dem Gebiet der Ukraine (der Ukrainischen Orthodoxen Kirche/ Kiewer Patriarchat, der Ukrainischen Autokephalen Orthodoxen Kirche sowie der Ukrainischen Orthodoxen Kirche / Moskauer Patriarchat) unter einem kanonisch anerkannten Patriarchen nicht erfüllt habe.

Kardinal Husar äußerte in dem Interview, die Päpste Johannes Paul II. und Benedikt XVI. hätten angedeutet, dass diese Erhebung zum Patriarchat über kurz oder lang Realität werden müsse. Allerdings werde sie von Seiten des Moskauer Patriarchats behindert. Im weiteren Verlauf des Interviews sagte Husar, dass Kirche und Staat getrennt sein sollten und äußerte sich auch zum Verhältnis der Unierten zum ukrainischen Staat: «Wenn Kirche und Staat einander zu nahe sind - so wie es in Byzanz der Fall war - so nützt dies niemandem. [...] Wir befinden uns als Kirche in Kommunion mit Rom, aber das macht uns nicht zu schlechteren Ukrainern, denn wir sind in der Ukraine zu Hause. [...] Die kirchliche Zugehörigkeit bedeutet in unserem Fall keine staatliche oder nationale Zugehörigkeit. Mich betrübt, wie kirchliche und staatliche Interessen vermengt werden, denn das geschieht niemals zum Nutzen der Kirche. »

Zur Frage der gesellschaftlichen Spaltung der Ukraine in die (russischsprachige) Ost- und die (ukrainischsprachige) Westukraine sagte Husar: «Meine Erfahrung zeigt, dass die Spaltung, über die da gesprochen wird, eine Erfindung von Politikern um ihrer persönlichen Interessen willen ist. Ich [...] spüre keine fundamentalen Unterschiede zwischen den Bewohnern von Donezk und Lviv.» Husar wurde auch gefragt, weshalb die UGKK ihren Sitz vor vier Jahren vom galizischen Lviv im Westen des Landes, wo die Unierten seit jeher stark waren und sind, nach Kiew verlegt habe. In seiner Antwort unterstrich er, dass es sich nicht um einen «Umzug» oder gar eine Art «Expansion», sondern um eine «Rückkehr» ins Zentrum der Ukraine gehandelt habe, aus dem die Unierten zu Zeiten des russischen Zarenreichs vertrieben worden seien. - Er spielte damit auf die orthodoxe Kritik am Umzug der UGKK an, die den Unierten Proselytismus vorwirft.

Äußerlich wird deren Anspruch auf «nationale Sichtbarkeit » im Bau einer neuen Kathedralkirche in Kiew deutlich, der im September 2003 beschlossen wurde und schnell voranschreitet: Im Juni wurde dort bereits eine Bischofsweihe vollzogen. Obwohl der Kathedralbau selbst innerhalb der Griechisch-Katholischen Kirche umstritten war, ist er zu einem ihrer größten Projekte geworden; für September 2009 ist bereits die zweite Benefizkonzertreihe zur Finanzierung des Baus geplant. Es besteht kein Zweifel daran, dass die UGKK die Erlaubnis zum Bau nur dank der Rückendeckung durch den Präsidenten erhielt - das von Kardinal Husar beschworene Ideal einer völlig vom Staat unabhängigen Kirche scheint somit schwer zu verwirklichen zu sein.

www.risu.org.ua, 19. Juni; portal-credo.ru, 8. Juli; Nezavisimaja Gazeta, 3. Juni - R.C.

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