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Katholikos-Patriarch Ilia II. kritisiert aggressive Politik Saakaschwilis

30. November 2009

Im Rahmen einer Gesprächsrunde im unabhängigen georgischen Fernsehsender «Maestro» am 16. Oktober hat Katholikos-Patriarch Ilia II. den georgischen Präsidenten Micheil Saakaschwili kritisiert: Dieser habe durch sein Vorgehen in Südossetien im August 2008 den bewaffneten Konflikt mit Russland ausgelöst. Die militärische Auseinandersetzung sei vermeidbar gewesen.

Die tragischen Ereignisse in Abchasien und Zchinwali hätten auf keinen Fall geschehen dürfen. Es bringe nichts, mit dem Kopf gegen eine Wand zu rennen, statt nach einer Tür zu suchen. Man solle die Vergangenheit ruhen lassen, nach vorne schauen und auf künftige mögliche Gefahren achten, um sie zu vermeiden.

Die georgische Opposition begrüßte die Äußerung des Katholikos, während die Führer der Regierungspartei «Vereinigte Nationale Bewegung» ihren Missmut bekundeten: Wenn der Katholikos den Präsidenten schon kritisiere, dann solle er auch sagen, was Saakaschwili hätte tun sollen, um den Konflikt zu vermeiden, und seinerseits Lösungsvorschläge vorbringen. Inzwischen sorgt ein Video, das den Katholikos in einer Animation zeigt, in der er übelste Flüche gegen Präsident Saakaschwili ausstößt, für große Aufregung. Das Video war am 13. Oktober bei YouTube hochgeladen worden. Kurz danach setzte Tea Tutberidse, Leiterin der Schulbehörde sowie des regierungsnahen «Freiheitsinstituts» auf ihrem Facebook-Profil einen Link zu dem Video. Zudem äußerte sie vor Medienvertretern, der Katholikos stehe Georgien feindlich gegenüber und das Georgische Patriarchat sei offenbar von Russland unterwandert. Tea Tutberidse gilt als enge Vertraute des georgischen Präsidenten; im November 2003 war sie maßgeblich am Sturz des früheren Präsidenten Schewardnadse mitbeteiligt.

Am 18. November strahlte der Fernsehsender Kavkasia TV Teile des Videos aus und kommentierte, es handle sich um eine Reaktion aus Regierungskreisen auf die Kritik des Katholikos. Am 21. Oktober nahm das Patriarchat in einem Kommuniqué Stellung: Die Kampagne ziele darauf ab, Misstrauen gegenüber der Georgischen Kirche zu säen, um die Grundfesten des georgischen Staates zu erschüttern und grundlegende Werte zu erodieren; offenbar solle die Zukunft Georgiens auf «Werten» errichtet werden, die mit der Tradition des Landes unvereinbar seien. Daraufhin meldete sich gleichentags Saakaschwili beschwichtigend zu Wort: Die Ausfälle der Medien gegen das Oberhaupt der Georgischen Kirche drohten die Gesellschaft zu spalten. Man nutze die Zurückhaltung der Kirche bei politischen Fragen; es sei Wasser auf die Mühlen der Feinde Georgiens, wenn man sie provoziere und versuche, sie zu politisieren. Solches Tun und derartige Äußerungen seien inakzeptabel. Der Katholikos-Patriarch sei eine große Persönlichkeit und stehe in hohem Ansehen - auch beim Präsidenten.

RadioFreeEurope / RadioLiberty, 16. Oktober; www.interfax-religion.ru, 16. Oktober; www.religio.ru, 21. Oktober; www.georgien-nachrichten.de, 22. Oktober 2009 - O.S.

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