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Kritik an Moldauischer Orthodoxer Kirche / Moskauer Patriarchat

19. August 2010
Die Moldauische Orthodoxe Kirche / Moskauer Patriarchat steht massiv in der Kritik. Fast die gesamte «politische Klasse» – von Kommunisten bis zu den pro-rumänischen Nationalisten – wirft der Kirchenleitung eine unverhältnismäßige Einmischung in die innenpolitischen Angelegenheiten des Landes vor; nicht wenige fordern sogar den Rücktritt des Oberhaupts der Moldauischen Orthodoxen Kirche / Moskauer Patriarchat, Metropolit Vladimir (Cantarian).

Kritisiert wird vor allem das enge Zusammenwirken von Metropolit Vladimir und Valeriu Pasat, dem Vorsitzenden der Humanistischen Partei. Pasat war von 1997 bis 1999 Verteidigungsminister der Republik Moldau, von 1999 bis 2001 Minister für Staatssicherheit; 2005 wurde Pasat des illegalen Verkaufs von Kampfflugzeugen angeklagt, zu fünf Jahren Haft verurteilt, 2007 aufgrund einer Amnestie wieder freigelassen. Mitte Juni übernahm er den Vorsitz der neuen Humanistischen Partei und ist seitdem um eine enge Anlehnung an die Moldauische Orthodoxe Kirche / Moskauer Patriarchat bemüht. So unterstützt Pasat Metropolit Vladimir bei dessen Bemühungen, das Fach «Grundlagen orthodoxer Kultur» als Pflichtfach an allen Schulen des Landes einzuführen (s. G2W 7-8/2010, S. 4). Anfang Juni wurden in Chişinău zahlreiche Plakate aufgehängt, auf denen Pasat und Metropolit Vladimir die Bürger des Landes aufforderten, sich an dem Referendum für die Einführung des Faches «Grundlagen orthodoxer Kultur» zu beteiligen.

Metropolit Vladimir unterstützt dafür Pasat bei dessen Wahlkampf für die im Herbst anstehenden Präsidentschafts und Parlamentswahlen. Dank der Unterstützung des Metropoliten ist es Pasat innerhalb weniger Wochen gelungen, zu einem ernstzunehmenden Bewerber um das Präsidentenamt zu werden. Seine Humanistische Partei wirbt innerhalb der kommunistischen Wählerschaft um Stimmen und hat Beobachtern zufolge durchaus Chancen, zahlreiche russischsprachige
Wähler für sich zu gewinnen. Als Anfang Juni – irrtümlich – bekannt wurde, Pasat plane die Gründung einer orthodoxen Partei, veröffentlichte der Hl. Synod der Moldauischen Orthodoxen Kirche umgehend eine Erklärung, in der er dieses Unterfangen ausdrücklich unterstützte.

Am 28. Juni besuchten Pasat, Metropolit Vladimir und Bischof Savva (Volkov) von Tiraspol und Dubossary gemeinsam Igor Smirnov, den Präsidenten der abtrünnigen moldauischen Region Transnistrien, damit dieser bei den kommenden Parlamentswahlen die transnistrischen Wähler für Pasats Partei und damit für das Fach «Grundlagen orthodoxer Kultur» mobilisiert. Smirnov erklärte, er sei durchaus daran interessiert, könne jedoch nur dann handeln, wenn er von der russischen Regierung grünes Licht erhalte.

Die jüngsten gemeinsamen Aktionen von Pasat und Metropolit Vladimir brachten anscheinend das Fass zum Überlaufen: Der moldauische Interimspräsident Mihai Ghimpu erklärte, die Kirche sei eine «bloße Filiale der Russischen Orthodoxen Kirche» und verstoße mit ihrer Unterstützung gewisser politischer Kräfte gegen ihr eigenes Statut. Die Sozialdemokraten des Landes befürchten gar, die Involvierung der Moldauischen Orthodoxen Kirche in die Politik werde die Kirchenspaltung des Landes weiter vertiefen und zu einer Abwanderung vieler Gläubigen zur Metropolie Bessarabien des Patriarchats Bukarest führen, da viele Gemeinden irritiert seien über das Verhalten ihrer Kirchenleitung.

In einem Offenen Brief an Patriarch Kirill erklärte der frühere moldauische Staatspräsident und Führer der Kommunistischen
Partei, Vladimir Voronin, die Autorität der Orthodoxen Kirche breche zusammen, ihre «hohe Mission» werde diskreditiert, ihre «tausendjährige Tradition [verkomme] auf dem Markt politischer Projekte zur Handelsware». Seit Wochen sei man «Zeuge eines politischen Spektakels», aufgeführt von machthungrigen Leuten von zweifelhaftem Ruf. Die Gläubigen seien verletzt, dass sich die oberste Kirchenleitung an dieser Farce beteilige. Die Kirche werde zum Mietling, der für Lohn bereit sei, Zwietracht zu säen. «Das gesinnungslose Abenteuer» der Kirchenleitung gefährde «das historische Recht der Republik auf Unabhängigkeit».

Von all dieser Kritik zeigte sich der Hl. Synod der Moldauischen Orthodoxen Kirche völlig unbeeindruckt. Vielmehr erklärte er, die Kirche entscheide selbst, «wann, in welcher Form und mit welchem Ziel sie sich in den politischen Prozess» einlasse. Die jahrhundertealte Geschichte des Landes zeige, dass «eine Einbeziehung der Kirche heilsamen Einfluss ausgeübt hat, da sie die Politiker dazu zwang, ihr Verhalten mit den Bedürfnissen und Lebensinteressen der Bevölkerung in Einklang zu bringen».

www.portal-credo.ru, 24.–30. Juni; www.religion.ru, 7. Juli 2010 – O.S.

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