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Kroatische Bischöfe besuchen ehemaliges KZ Jasenovac

20. Mai 2009

Am 3. April hat erstmals eine hochrangige Delegation kroatischer katholischer Bischöfe - mit Bischof Marin Sraki? von ?akovo- Osijek an der Spitze - das Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Jasenovac besucht. Bischof Sraki?, zur Zeit Vorsitzender der Kroatischen Bischofskonferenz, bezeichnete dabei Jasenovac als «Schandfleck» für das kroatische Volk. In dem ca. 100 km südöstlich von Zagreb, an den Ufern der Save gelegenen Jasenovac hatten die mit Nazi-Deutschland verbündeten kroatischen Ustaša während des Zweiten Weltkriegs ein Konzentrations- und Vernichtungslager errichtet, in dem sie mehrere zehntausend Serben, Juden, Roma und kroatische Regimegegner ermordeten. Bereits mehrfach hatten in der jüngsten Vergangenheit Opferverbände und Vertreter der Serbischen Orthodoxen Kirche die katholische Kirche in Kroatien aufgefordert, an Gedenkveranstaltungen für die Opfer in Jasenovac teilzunehmen und sich für die Schandtaten der Ustaša zu entschuldigen, bislang allerdings ohne Erfolg. Mit Bischof Srakic ´, der von Bischof Antun Škvor?evi? von Požega, Bischof ?uro Gašparovi? von Srijem sowie Weihbischof ?uro Hrani? von ?akovo-Osijek begleitet wurde, besuchte nun zum ersten Mal ein Vorsitzender der katholischen Bischofskonferenz Kroatiens das Gedenkzentrum in Jasenovac. Dessen Leiterin, Nataša Jovi?i? , informierte die Bischöfe über den Zustand des Museums. Anschließend versammelten sich die Bischöfe mit mehreren Priestern und Gläubigen aus der Region zu einem Gottesdienst in der Gemeindekirche von Jasenovac. Bischof Škvor?evi?, zu dessen Diözese Jasenovac gehört, begrüßte die Versammelten mit den Worten: «[...] Wir halten heute vor dem Mysterium des Bösen inne, das während der Herrschaft der totalitären Systeme im Verlauf des 20. Jh.s mit besonderer Gewalt über unser Land hereingebrochen ist und die Zahl der unschuldigen Opfer auf ein beängstigendes Niveau vervielfacht hat. Wir können nicht begreifen, wie es möglich gewesen ist, dass sich eine bestimmte Anzahl von Menschen im 20. Jh. dem Bösen anvertraute und anderen Menschen schwere Verbrechen antat - nur weil diese einer anderen Weltanschauung, Nation oder Religion angehörten. Schwer trifft uns die Tatsache, dass auch heute noch Verbrechen gegenüber unschuldigen Menschen verheimlicht und dass Opferzahlen interpretiert, gering geschätzt und manipuliert werden - als ob man nicht will, dass die ganze Wahrheit erforscht und den Opfern ihre Würde zurückgegeben wird. [...]» In seiner anschließenden Ansprache bat Bischof Sraki? um Vergebung für die Verbrechen, die in kroatischem Namen begangen worden sind: « [...] Jasenovac! Um meine Gefühle auszudrücken, werde ich mich der Worte von Papst Benedikt XVI. bedienen, der bei seinem Besuch im Konzentrationslager Auschwitz sagte: ‹An diesem Ort des Schreckens und der massenhaften Verbrechen gegen Gott und die Menschen zu sprechen, ist beinahe unmöglich - besonders schwer und qualvoll ist das für einen Bischof, der dem Volk angehört, aus dessen Reihen die Täter gekommen sind.› Wir haben uns hier in Jasenovac versammelt - an einem Ort, an dem zahlreiche Unschuldige, Männer wie Frauen, umgebracht wurden, an einem Ort der Vernichtung, an einem Ort, wo der Wahn - mehr noch: ein bestialischer Wahn - herrschte. Was Jasenovac für das kroatische Volk bedeutet, hat der Sel. Alojzije Stepinac, Erzbischof von Zagreb und Vorsitzender der Bischofskonferenz, schon 1943 ausgedrückt, als er den damaligen Machthabern ausrichten ließ, dass das Lager in Jasenovac ein ‹schändlicher Makel› ist, und die Mörder in diesem Lager das ‹größte Unglück Kroatiens› sind. [...] Jasenovac! Es geht nicht um eine einzelne Tat, um ein einzelnes Ereignis, sondern um einen Ort, der zu einem Paradigma für andere Orte des Verbrechens geworden ist. Darum gedenken wir heute nicht nur des Unrechts und des Bösen, das sich in Jasenovac, sondern auch an anderen Orten ereignet hat, [...]. Jasenovac ist eine Wirklichkeit für sich, die man nicht umgehen kann und darf und die niemand zum Schweigen bringen kann. [...] Wir bitten alle unschuldigen Opfer um Vergebung für die Gewalt, die einige irregeführte Söhnen unseres Volkes begangen haben. Ebenso erbitten wir vom Herrn Barmherzigkeit für jene, die unserem Volk Böses angetan haben. Wir bitten den Herrn, dass die Spirale des Bösen, die im letzten Jahrhundert so viel Unheil über Unschuldige in unserer Heimat gebracht hat und deren Folgen wir auch heute noch spüren, endlich ein Ende nimmt und dass sich endlich Friede und Liebe der menschlichen Herzen bemächtigen. [...] Das Gedenken an Jasenovac ist ein Aufruf zum Aufbau eines Friedens, der auf festen Grundlagen ruht - und eine von diesen ist die Wahrheit. [...] Unsere Gesellschaft muss die Kraft aufbringen und am Ende die Wahrheit über diese bittere Tatsache unserer Geschichte aussprechen, aber auch über die anderen Verbrechen, die im Namen der anderen [kommunistischen - S.K.] Ideologie verübt wurden - dann wird das kroatische Volk auch den Makel heilen, den einige aus seinen Reihen angerichtet haben. [...] Die Bußpilgerfahrt nach Jasenovac und die Reinigung des Gedächtnisses mögen helfen, zur Wahrheit in Freiheit zu kommen, denn durch Erinnerung und Gedenken werden Wahrheit und Freiheit geschützt!» In der kroatischen Presse wurde der Besuch der Bischöfe in Jasenovac und die Ansprache von Bischof Sraki? einhellig als «historisch» gewürdigt; auch aus Serbien kamen positive Signale. Jedoch wurde kritisiert, dass sowohl Bischof Škvor?evi? als auch Bischof Sraki? nur allgemein von «Opfern» gesprochen hätten, ohne konkrete Opfergruppen - vor allem Serben, Juden und Roma - beim Namen zu nennen.

Glas Koncila, Ostern 2009; www.novilist.hr, 4. April; www.sv.jelisaveta.org.rs, 4. April 2009 - S.K.

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