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Landgericht Nizza spricht Hl. Nikolaj-Kathedrale in Nizza russischem Staat zu

06. April 2010

Das Landgericht Nizza hat am 20. Januar in zweiter Instanz der Russländischen Föderation das Besitzrecht an der orthodoxen Hl. Nikolaj-Kathedrale in Nizza zugesprochen.

Der russische Staat hatte diesen Revisionsprozess im November 2006 angestrengt, nachdem zuvor das Landgericht in erster Instanz zugunsten der orthodoxen Kirchgemeinde von Nizza entschieden hatte, die zur «Erzdiözese der orthodoxen Gemeinden russischer Tradition in Westeuropa» (Patriarchat Konstantinopel) mit Sitz in Paris gehört.

Die im Zentrum von Nizza gelegene Hl. Nikolaj-Kathedrale, die zu den bedeutendsten russisch-orthodoxen Kirchen außerhalb Russlands zählt, wurde zwischen 1903 und 1912 mit privaten Spenden erbaut. Errichtet wurde die Kathedrale auf einem Grundstück der Zarenfamilie, das Zar Nikolaus II. der wachsenden russisch-orthodoxen Gemeinde zur Erbpacht übergeben hatte. Nach der Oktoberrevolution von 1917 ließ sich die Kirchgemeinde in Nizza in den 1920er Jahren gemäß französischem Recht als Kultusvereinigung (association cultuelle) registrieren und übernahm die seelsorgliche Betreuung der russischen Emigration. - Am 31. Dezember 2007 lief allerdings die von Zar Nikolaus II. gewährte 99-jährige Pacht aus, und seitdem erhebt die Russländische Föderation als Rechtsnachfolgerin der Sowjetunion und des Zarenreichs Anspruch auf die Kathedrale.

Dieser Rechtsauffassung hat sich nun auch das Landgericht Nizza angeschlossen; der Präsident der 2. Zivilrechtskammer, Richter Lionel Lafon, begründete das Urteil damit, dass Grund und Boden in Russland nach der Revolution verstaatlicht worden seien. Daher sei die Russländische Föderation als Rechtsnachfolgerin der Sowjetunion sowie des russischen Kaiserreiches die einzig legitime Besitzerin des gesamten Geländes - einschließlich der Kathedrale und allem darin befindlichen Eigentum. Dagegen berechtigte der Erbpachtvertrag die Gemeinde nicht zur «Usurpation » der Kathedrale, d. h. zum Besitzrecht aufgrund der jahrzehntelangen Nutzung des Gebäudes.

Der Sprecher der russischen Botschaft in Paris, Andrej Klejmenov, brachte nach der Urteilsverkündigung seine «Befriedigung » gegenüber der Nachrichtenagentur AFP zum Ausdruck: Die französische Justiz habe die Rechtmäßigkeit der Position des russischen Staates anerkannt. Der Chef der Administration des russischen Präsidenten, Vladimir Kožin, erklärte gegenüber der Agentur Interfax, der Rückgabeprozess der Kathedrale werde zwar einige Zeit in Anspruch nehmen, doch man sei «darauf vorbereitet » und werde «alles Notwendige tun, damit die Kathedrale an uns zurückkommt ». Der Sprecher des Kirchlichen Außenamtes des Patriarchats Moskau, Priester Georgij Saverschinskij, erklärte bereits, er hoffe, dass demnächst die Kathedrale unter die Jurisdiktion der Russischen Orthodoxen Kirche falle, denn auch wenn sie Staatseigentum sei, müsse doch «die historische Wahrheit wiederhergestellt» werden.

Der Verteidiger der Kirchgemeinde von Nizza, Rechtsanwalt Antoine Chatain, erklärte dagegen nach der Urteilsverkündung, dass das Landgericht einen Fehler begangen habe: Es habe ignoriert, dass «der Kultusverein seit 80 Jahren ein gewissenhafter Besitzer ist - ohne jegliche Beteiligung seitens der Sowjetunion oder Russlands». Das Gelände, auf dem die Kathedrale stehe, sei aus Privatmitteln des Zaren und nicht mit staatlichen Mitteln erworben worden - daher könne der russische Staat keinesfalls den Besitz des Grundstücks beanspruchen. Er beabsichtige daher, in Berufung zu gehen.

Cathédrale Orthodoxe Russe Saint-Nicolas: www.acor-nice.com; www.portal-credo.ru, 22. Januar; SOP Nr. 345, Februar 2010 - O.S.

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