Skip to main content

Leitender Bischof der lutherischen Kirche in Polen muss zurücktreten

20. Mai 2009

An der Synode der lutherischen Kirche in Polen am 19. April 2009 wurde dem Leitenden Bischof, Janusz Jagucki, im Rahmen einer Abstimmung das Vertrauen entzogen. Der Chef der Historischen Kommission der Kirche, Czes?aw Cie? lar, hatte zuvor in der polnischen Nachrichtenagentur PAP dargelegt, dass Bischof Janusz Janucki zur kommunistischen Zeit 17 Jahre lang als Informeller Mitarbeiter (Chiffre: «Janusz ») mit dem polnischen «Sicherheitsdienst » zusammengearbeitet hatte

Die Synode beschloss die Amtsenthebung Jaguckis, der aber bis zur Wahl eines Nachfolgers im Januar 2010 noch die Kirche leiten soll. Bereits im Jahre 2008 hatte die konservative polnische Tageszeitung «Rzeczpospolita » über Verdachtsmomente gegen den Bischof berichtet: Aus den Akten gehe hervor, dass Janusz Jagucki während seines Dienstes als Pfarrer in der Stadt Giz · ycko (dem einst ostpreußischen Lötzen) vom «Sicherheitsdienst » den Auftrag gehabt hätte, die damals noch sehr zahlreich im polnischen Ostpreußen lebenden Deutschen zu bespitzeln. Diese bildeten dort in den 70er Jahren noch erhebliche Teile der lutherischen Gemeinden - und IM «Janusz» habe in Erfahrung bringen sollen, wer von ihnen die Absicht hätte, nach Deutschland auszuwandern oder zu fliehen. In den Akten des Geheimdienstes würden die Hinweise und Berichte von IM «Janusz» ca. 1000 Seiten umfassen. Als Gegenleistung habe der Geheimdienst Pfarrer Jagucki einige Reisen nach Norwegen finanziert. Wie sich der Bischof dazu stellt, ist nicht ganz klar. Jagucki, der im Jahre 2001 zum Leitenden Bischof gewählt worden war, hat bisher jegliche Zusammenarbeit mit dem Geheimdienst abgestritten. Er habe sich zwar mehrere Male mit Führungsoffizieren getroffen, doch habe er «niemandem geschadet, auch der Kirche nicht». Manchen Quellen zufolge habe der Bischof zugegeben, mit der Geheimpolizei zusammengearbeitet zu haben. Janusz Jaguckis Zusammenarbeit mit der kommunistischen Geheimpolizei müsste um 1973 begonnen haben. Das war jene Zeit, da die lutherische Kirche in Polen generell auf die Zusammenarbeit mit dem kommunistischen Regime gesetzt hatte, um auf diese Weise nicht von der übermächtigen römisch-katholischen Kirche erdrückt zu werden. Das zeigte sich zur Zeit der «Solidarno??»-Bewegung nach 1979, die den Staatskommunismus ins Wanken brachte. Der Polnische Ökumenische Rat der Kirchen, der unter Führung des lutherischen Bischofs Janusz Narzy?ski stand, schlug sich damals auf die Seite des Staates: Der Ökumenische Rat unterstützte offiziell die vom Staat gegründete Anti-«Solidarno??»-Gewerkschaft PRON («Patriotische Bewegung der nationalen Erneuerung»). Als Vertreterin des Ökumenischen Rates in PRON fungierte die Gattin des lutherischen Bischofs, Barbara Enholc-Narzy?ska; sie war Vorstandsmitglied von PRON. In eben jenen Jahren dürfte auch die Zusammenarbeit des Noch-Bischofs Janusz Jagucki mit der polnischen Staatssicherheit stattgefunden haben. Die «Evangelische Kirche A. B.» in Polen zählt nach eigenen Angaben ca. 80 000 Glieder, die in 130 Gemeinden (mit 151 Filialen) von 169 Pfarrern und Diakonen (fast ausschliesslich Männern) betreut werden. Die Kirche ist in sechs «Diözesen» gegliedert, denen jeweils ein von der aus Laienvertretern und Geistlichen gebildeten Synode gewählter Bischof vorsteht: Cieszyn (Teschen), Katowice (Kattowitz), Mazury (Masuren, ehemals Ostpreußen), Pomorze-Wielkopolska (Pommern-Großpolen), Warschau und Wroc?aw (Breslau).

Gerd Stricker nach: www.portal-credo.ru, 22. April; www.idea.de, 21. April 2009; www.luteranie.pl

Drucken