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Litauen: Jüdische Verbände lehnen Restitutionsplan der Regierung ab

28. September 2009

Die litauische Regierung will der Jüdischen Gemeinde des Landes 37 Mio. Euro für im Zweiten Weltkrieg von den deutschen Besatzern enteignetes Eigentum zahlen.

Mitte Juli billigte das Kabinett ein entsprechendes Entschädigungsgesetz. Die «World Jewish Restitution Organisation» (WJRO) und die Jüdische Gemeinde Litauens bezeichneten das Vorhaben allerdings als völlig unzureichend. Nach den Regierungsplänen soll das Geld ab 2012 in Raten binnen zehn Jahren in einen Fonds fließen. Die Entschädigung entspricht den Angaben zufolge einem Drittel des Wertes des einstigen jüdischen Eigentums. Noch im März hatte die Regierung lediglich 33 Mio. Euro in Aussicht gestellt, dafür aber eine frühere Auszahlung angekündigt. Litauen ist einer der letzten Staaten in Europa, der die Entschädigung für die Enteignung jüdischen Eigentums bislang nicht geregelt hat. In Polen wird über ein entsprechendes Gesetz noch mit jüdischen Organisationen verhandelt. Der Präsident der WJRO, Ronald S. Lauder, und der Präsident der Jüdischen Gemeinde Litauens, Simonas Alperavicius, erklärten in Brüssel, der Plan sei in entscheidenden Punkten inakzeptabel. Dies gelte sowohl für die Höhe der angebotenen Entschädigung als auch für die lange Auszahlungsfrist. Außerdem sei offen, wie das Geld verteilt solle. Die frühere litauische Regierung und die WJRO hätten ursprünglich eine günstigere Vereinbarung ausgehandelt, die von der neuen Regierung jedoch abgelehnt werde. Litauen wolle jetzt nur noch «den Bruchteil eines Bruchteils» ersetzen, klagten Lauder und Alperavicius. Litauens Hauptstadt Vilnius wurde vor dem Holocaust wegen seiner großen jüdischen Bevölkerung auch «Jerusalem des Nordens» genannt. Von den 220 000 Juden überlebten nur 6000 den Völkermord. Heute bekennen sich 0,1 % der Litauer zum jüdischen Glauben.

KNA, 21. Juli 2009.

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