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Offizieller Besuch von Patriarch Bartholomaios in Russland

20. Juni 2010

Auf Einladung von Patriarch Kirill hat der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I., Russland und der Russischen Orthodoxen Kirche einen offiziellen Besuch abgestattet. Stationen der 10-tägigen Reise des Ökumenischen Patriarchen vom 22. bis zum 31. Mai waren Moskau, das Dreifaltigkeitskloster in Sergiev Posad, St. Petersburg und das karelische Kloster Valaam.

Der Besuch stellt gleichsam die Gegenvisite zur Reise von Patriarch Kirill in die Türkei im Juli 2009 dar. Der Besuch von Patriarch Bartholomaios stand ganz im Zeichen einer Verbesserung der in den vergangenen Jahren belasteten Beziehungen zwischen den Patriarchaten Konstantinopel und Moskau. So stand am Anfang der Reise die gemeinsame Liturgiefeier der beiden Patriarchen zu Pfingsten und die anschließenden Kniebeugungsgebeten [Bußgebete mit der Bitte um Sündenvergebung] im Dreifaltigkeitskloster in Sergiev Posad. An Pfingstmontag, nach orthodoxem Kalender dem Mitfest des Hl. Geistes, konzelebrierten beide Kirchenoberhäupter in der Christus-Erlöser- Kathedrale in Moskau und betonten so nochmals die Bedeutung der Einheit im Glauben. Anschließend zogen beide Patriarchen in Begleitung ihrer Bischöfe und Priester, des Moskauer Bürgermeisters Jurij Luschkov sowie zahlreicher hoher Beamter an der Spitze eines feierlichen Umzugs mit rund 40 000 Teilnehmern von der Christus-Erlöser-Kathedrale zum Kreml, um dort die «Tage des Slawischen Schrifttums» zu eröffnen.

Am 25. Mai wurde Patriarch Bartholomaios zusammen mit Patriarch Kirill von Präsident Dmitrij Medvedev im Kreml empfangen. Medvedev hob die «große Bedeutung» des Besuchs von Patriarch Bartholomaios für die Gesamtorthodoxie hervor. Zudem könne sich der Patriarch persönlich von den «positiven Veränderungen in Russland, vor allem der Beziehungen zwischen Staat und Kirche » überzeugen. Die russische Führung schätze gerade in der gegenwärtigen Finanzkrise den «konstruktiven Dialog mit der Russischen Orthodoxen Kirche». Patriarch Kirill erklärte, jahrzehntelang habe man Mühe gehabt, die innerorthodoxen Probleme anzugehen und zu lösen, doch die «brüderlichen Besuche» und «guten persönlichen Beziehungen» beider Kirchenoberhäupter könnten zu einer Lösung dieser Probleme beitragen. Patriarch Bartholomaios und er seien «in ständigem brüderlichen Dialog», der ebenso wichtig sei wie die vielen offiziellen Gespräche, doch am wichtigsten sei ihr gemeinsames Gebet.

Einen Tag später fand im Kirchlichen Außenamt unter der Leitung der beiden Patriarchen ein zweistündiges Gespräch zwischen den Delegationen beider Kirchen statt, bei dem die folgenden Themen im Mittelpunkt standen: die Beziehungen zwischen den beiden Kirchen, innerorthodoxe Probleme, die Vorbereitung des Panorthodoxen Konzils, der interkonfessionelle Dialog sowie die seelsorgerliche Betreuung der Russen in der Türkei. Über den Inhalt der Gespräche wurde nichts bekannt, aber es ist zu vermuten, dass die beiden Delegationen auch über die Problemfälle gesprochen haben, die die Beziehungen zwischen beiden Kirchen belasten: die unklare kirchliche Situation in der Ukraine und die Jurisdiktionsdifferenzen in Estland. Denn zum Abschluss seiner Reise rief Patriarch Bartholomaios die Gläubigen in der Ukraine auf, «in die kanonische Kirche», das Patriarchat Moskau, zurückzukehren. In der ukrainischen Frage handle das Ökumenische Patriarchat «mit Respekt gegenüber dem geltenden kanonischen Recht». Zum Problem der orthodoxen Diaspora erklärte Patriarch Bartholomaios, man hoffe auf das Panorthodoxe Konzil, bei dessen Vorbereitung in letzter Zeit in vielen Fragen weitgehend Konsens erreicht worden sei. Noch offen seien einige Details zu Fragen der Autokephalie und der Rangordnung der orthodoxen Lokalkirchen (Diptychen). Was die Schwierigkeiten zwischen den Patriarchaten Moskau und Konstantinopel betreffe, so sei es «gefährlich, spezifische Spannungspunkte zwischen den beiden orthodoxen Kirchen auszumachen, losgelöst von den übrigen orthodoxen Kirchen ». Viele mit der kirchlichen Autonomie verbundene Fragen trügen säkularen, aber keinen geistlichen oder theologischen Charakter. Wenn orthodoxe Kirchen ohne Absprache mit den anderen orthodoxen Kirchen handelten, verwandle sich die Autokephalie in einen «Autokephalismus» oder eine radikale Unabhängigkeit, die Trennungen fördere. Die administrativen Trennungen, die vor allem die sog. orthodoxe Diaspora beträfen, seien oft von nationalistischen Interessen bestimmt gewesen.

Der zweite Teil der Reise führte Patriarch Bartholomaios nach St. Petersburg, ins Kloster Valaam und nach Kronstadt. In St. Petersburg besuchte er die Kasaner Kathedrale – von 1932 bis 1990 Museum für Atheismus, heute Museum für Religionsgeschichte — sowie die Geistliche Akademie in der Alexander- Nevskij-Lavra, wo er einen Totengottesdienst für Metropolit Nikodim (Rotov) zelebrierte.

www.bogoslov.ru, 29., 31. Mai; www. mospat.ru, 22.–31. Mai; www.portalcredo. ru, 23. Mai – 2. Juni 2010 – O.S.

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