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Polnische Lutheraner wählen Jerzy Samiec als neuen Bischof

30. November 2009

Am 17. Oktober 2009 wählte in Warschau die Synode der Evangelischen Kirche Augsburger Bekenntnisses in Polen Jerzy Samiec zu ihrem neuen Bischof. Jerzy Samiec, der sich gegen zwei weitere Kandidaten durchsetzte, wurde 1963 in Cieszyn (Teschen) geboren. Die Neuwahl war notwendig geworden, nachdem der zuvor amtierende Bischof Janusz Jagucki zurücktreten musste, da ihm die Synode im April das Vertrauen entzogen hatte.

Untersuchungen hatten ergeben, dass Jagucki im sozialistischen Polen mit dem staatlichen «Sicherheitsdienst » kollaboriert hatte.

Der neu gewählte Bischof studierte von 1983 bis 1988 evangelische Theologie an der «Christlichen Theologischen Akademie» in Warschau und wurde 1989 ordiniert. Seit seiner Ordination ist er in Gliwice (Gleiwitz) tätig. Neben seiner Tätigkeit als Propst machte er sich u. a. durch die Gründung eines evangelischen Gymnasiums und als Vorsitzender der Synode einen Namen.

In Interviews, die die Zeitschrift der polnischen Lutheraner «Zwiastun ewangelicki » mit allen drei Kandidaten für das Amt des Leitenden Bischofs durchführte, zeigte sich Jerzy Samiec als pragmatischer und eher offener Vertreter seiner Kirche. So bekannte er sich deutlich zur Notwendigkeit der ökumenischen Zusammenarbeit, die, wie er betonte, auf zwei Ebenen geschehen müsse: Durch gemeinsame Aktivitäten auf Gemeindeebene ebenso wie durch Verhandlungen auf der Ebene der offiziellen Kirchen, die zum Ziel haben müssten, dass verbindliche Positionspapiere ausgearbeitet würden. Zur Frage, ob es an der Zeit sei, die Frauenordination auch in der polnischen lutherischen Kirche einzuführen, unterstrich Samiec, dass die Synodalkommission für Theologie und Bekenntnis zum Schluss gekommen sei, dass das lutherische Amtsverständnis (als Dienst an Gottes Wort, nicht als apostolische Nachfolge) die Frauenordination erlaube. Er wies darauf hin, dass jedoch auch die Einwände der Gegner ernst genommen werden und ein Konsens erreicht werden müsste, bevor die Frauenordination eingeführt werde.

In dieser wie auch in anderen Fragen - etwa derjenigen, wie sich die Kirche Homosexuellen gegenüber verhalten sollte - bemühte sich der Bischofskandidat um kurze und sachliche Antworten, die vermuten lassen, dass er sich auch vor schwierigen Diskussionen nicht scheut. Hinsichtlich der Frage nach der Fortführung der Untersuchung der Kontakte mit dem sozialistischen «Sicherheitsdienst» plädierte Samiec dafür, dem gegenwärtig in Polen herrschenden «Chaos, in dem bisweilen Nachforschungen zu politischen Zwecken missbraucht werden», möglichst rasch ein Ende zu bereite. Die Untersuchungen sollten von unabhängigen Historikern so schnell wie möglich abgeschlossen werden.

Zwiastun Ewangelicki 18/19, 22. September, 4. Oktober, www.luteranie.pl, 18. Oktober 2009 - R.C.

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