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Polnische und deutsche Bischöfe zur Versöhnungsarbeit

28. September 2009

Zum Gedenken an den Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde am 25. August in Bonn und im Kloster Jasna Góra («Heller Berg») in Cz?stochowa (Tschenstochau) eine von den Vorsitzenden der Deutschen und der Polnischen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch (Freiburg) und Erzbischof Józef Michalik (Przemy?l), unterzeichnete Erklärung verlesen.

Die Erklärung war von der Kontaktgruppe der Polnischen und der Deutschen Bischofskonferenz vorbereitet worden. Nachdem ursprünglich die Abfassung einer Gemeinsamen Erklärung beider Bischofskonferenzen angekündigt worden war, hatte es noch Ende Juli geheißen, außer einem gemeinsamen Gebet in der Berliner Hedwigskathedrale anlässlich des 70. Jahrestages des Kriegsbeginns sei nichts geplant, da die «delikate Materie» mehr Zeit zur Vorbereitung brauche. Als dann jedoch die CDU/CSU ein Dokument herausgegeben hatte, in dem sie die Verurteilung der Vertreibung der Deutschen forderte, sahen sich die Bischofskonferenzen genötigt darauf zu reagieren. Sie veröffentlichten daher noch vor dem gemeinsamen Gedenkgottesdienst am 1. September eine gemeinsame Erklärung.

Die Bischöfe appellieren darin an die Politiker beider Länder «schmerzhafte Momente der gemeinsamen Geschichte nicht für ihre eigenen Interessen zu missbrauchen» und rufen zum gemeinsamen Gebet für die Opfer des Krieges auf. Zum Thema der Vertriebenen erinnern die Bischöfe an das Gemeinsame Wort der Polnischen und der Deutschen Bischofskonferenz von 1995. Sie zitieren daraus die gegenseitige Bitte um Vergebung beider Seiten «in Anbetracht des verbrecherischen Angriffskriegs des nationalsozialistischen Deutschland, des tausendfachen Unrechts, das in der Folge den Menschen in Polen durch Deutsche zugefügt wurde, und des Unrechts, das vielen Deutschen durch Vertreibung und Verlust der Heimat angetan wurde.» Daran anschließend formulieren die Bischöfe in der Erklärung vom 25. August: «Die deutschen und polnischen Bischöfe verurteilen gemeinsam das Verbrechen eines Krieges; einig sind wir uns auch in der Verurteilung der Vertreibungen. Dabei verkennen wir niemals den inneren Zusammenhang und die Abfolge der Ereignisse.»

Einige polnische Tageszeitungen, darunter die konservative Rzeczpospolita, kritisierten in Bezug auf die aktuelle Erklärung, dass in der deutschen Textversion von «Unrecht» die Rede sei, da dieses Wort, im Gegensatz zum polnischen krzywda, das auch mit «Leid» übersetzt werden kann, primär juristische Konnotationen wecke, nicht moralische. Damit werde Vertriebenenforderungen Vorschub geleistet. - Der offensichtlich haltlose Vorwurf wurde vom Sprecher der Polnischen Bischofskonferenz, Józef Kloch, umgehend mit dem Verweis zurückgewiesen, kein Wort habe nur eine Bedeutung.

In der Erklärung wird auch der bevorstehende Generationenwechsel und die Frage, wie die Kirche auch in Zukunft zur Versöhnung zwischen den Nationen beitragen kann, angesprochen: «Die Generation, die den Zweiten Weltkrieg erlebt hat, vergeht, und mit ihr die Augenzeugen. [...] In dieser Lage kommt es darauf an, dass die Nachkriegsgenerationen ein angemessenes Verständnis des Weltkrieges gewinnen und bewahren. Redlichkeit in der Auseinandersetzung mit den Schrecken der Vergangenheit gehört ebenso dazu wie der Verzicht auf Stereotypen, die wirkliches Verstehen behindern und das mühsam gewachsene Vertrauen zwischen Polen und Deutschen untergraben können. [...] Ein [verantwortungsvoller] Umgang mit der Geschichte und ihren weiterwirkenden Folgen sperrt unsere Völker gerade nicht im Gefängnis ihrer Erinnerungen ein [...] [Er] schafft - psychologisch, kulturell und politisch - den Raum, in dem die politischen Fragen des Alltags mit der gebotenen Sachlichkeit behandelt werden können. [...] Im Klima des Verzeihens und der Versöhnung, im Klima von Gerechtigkeit, Liebe und Wahrheit kann sich eine Kultur des Friedens entwickeln, die dem Gemeinwohl dient.»

Der Vorsitzende der Polnischen Bischofskonferenz, Erzbischof Józef Michalik, sagte in einem Interview der katholischen Nachrichtenagentur KNA, die deutschen Bischöfe seien offener für die komplexen Probleme der deutschpolnischen Geschichte als ein durchschnittlicher Bürger oder Politiker. Der Krakauer Kardinal Stanis?aw Dziwisz wies seinerseits darauf hin, es seien erste Schritte in Richtung einer ähnlichen Erklärung der polnischen Bischöfe und der Bischöfe der Russischen Orthodoxen Kirche eingeleitet worden.

www.kathpress.at, 25. August; www.gazetawyborcza.pl, 25. August; www.dbk.de, 25. August 2009 - R.C.


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