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Renovabis-Kongress 2009: «Einheit suchen – Vielfalt wahren»

03. November 2009

Vom 3. bis 15. September 2009 fand in Freising der 13. internationale Kongress von Renovabis, der Solidaritätsaktion der deutschen Katholiken, statt. Der Kongress stand unter dem Motto "Einheit suchen - Vielfalt wahren". Gleich zu Beginn wartete er mit einem «Highlight» auf: Kardinal Walter Kasper, der Präsident der Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, hielt den Eröffnungsvortrag zum Thema: «Einheit suchen - Vielfalt bewahren. Ost und West im ökumenischen Gespräch». Unter Aufnahme der häufig von Papst Johannes Paul II. verwendeten Metapher von den zwei europäischen Lungenflügeln setzte sich Kardinal Kasper mit der Bedeutung der Ostkirchen für Europa auseinander. Nach dem Eklat um die Erhebung der vier katholischen Apostolischen Administraturen in Russland zu Bistümern im Jahre 2002 hatte sich gerade Kardinal Kasper besonders darum bemüht, Misstrauen auf orthodoxer Seite vor katholischen Proselytismusbestrebungen abzubauen.

In Freising unterstrich er einmal mehr die Dringlichkeit des ökumenischen Dialogs: Die Einigung Europas sei auch eine «ökumenische Herausforderung ». Ökumene sei daher auch beileibe «kein Luxus, der zum normalen kirchlichen und pastoralen Geschäft hinzukommt », sondern «der Dienst an der Einheit der Kirche ist auch ein Dienst am Frieden in der Welt, in Europa und im eigenen Volk». Eindringlich warb Kardinal Kasper um ein besseres gegenseitiges Verständnis zwischen den Kirchen der westlichen und östlichen Tradition, da auf beiden Seiten oftmals immer noch großes Unwissen über den jeweils anderen vorherrsche. Positiv äußerte sich Kardinal Kasper zu den verbesserten Beziehungen zwischen der katholischen und der Russischen Orthodoxen Kirche. Allerdings warnte er auch davor, sich vorschnellen Hoffnungen auf eine rasche Kircheneinheit hinzugeben: «Die Geschichte von 1000 Jahren lässt sich nicht kurzfristig umkehren.»

Auf die speziellen Problemfelder im orthodox- katholischen Dialog - Primat und Synodalität, Nation und Universalität, Reform und Kontinuität - kam am zweiten Konferenztag der katholische Ostkirchenexperte Johannes Oeldemann vom Johann-Adam-Möhler-Institut für Ökumenik in Paderborn zu sprechen. Hinsichtlich des ersten Problemfelds plädierte Oeldemann für «eine Anerkennung der Interdependenz von Synodalität und Primat auf allen Ebenen der Kirche». Dies bedeute auch für die katholische Kirche eine große Herausforderung, die zwar Formen synodaler Beratung, aber - im Gegensatz zu den Orthodoxen - kaum Möglichkeiten synodaler Beschlussfassung kenne. Mit Blick auf Wege zur kirchlichen Einheit unterstrich Oeldemann, es gehe «nicht um eine wiederhergestellte, sondern um eine wieder entdeckte Einheit»: «Die Einheit zwischen unseren Kirchen ist nie vollständig zerbrochen. Die Spaltung ging nicht bis an die Wurzel unseres Glaubens. Daher müssen wir die Einheit nicht wiederherstellen, sondern wir müssen die gemeinsamen Wurzeln wieder entdecken, damit sich daraus neue Triebe entwickeln können.»

Am Nachmittag des zweiten Konferenztages hatten die knapp 400 Teilnehmer aus 30 europäischen Ländern die Wahl zwischen zahlreichen Arbeitsgruppen. Themen waren u.a. Religiosität in Russland, das Selbstverständnis der orthodoxen Kirchen in Europa, die kirchliche Situation in der Ukraine sowie das jüngste Menschenrechtsdokument der Russischen Orthodoxen Kirche (s. G2W 10/2009, S. 19-27). Nicht zuletzt diese Arbeitskreise und die vielen Gespräche in den Pausen trugen dazu bei, dass der Kongress wieder zu einem gelungenen Ort der Begegnung zwischen Christen aus Ost und West wurde. Den Abschluss des Kongresses bildete eine Podiumsdiskussion zu den «Herausforderungen des Pluralismus», an der der orthodoxe Bischof Serafim (Belonožko) von Bobrujsk/Weißrussland, der römisch-katholische Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller und Weihbischof Bogdan Dzyurakh aus Kiew von der Ukrainischen Griechisch- Katholischen Kirche teilnahmen.

Stefan Kube

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