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Russische Muslime beanstanden Repressalien gegen angebliche «religiöse Extremisten»

30. November 2009

In zahlreichen öffentlichen Auftritten hat Russlands Präsident Medvedev deutlich gemacht, dass die russischen Muslime auf die Unterstützung des russischen Staates zählen können. In krassem Gegensatz dazu stehen Nachrichten über Repressalien gegenüber Muslimen, die des «religiösen Extremismus» verdächtigt werden.

Einige Aufmerksamkeit erfahren hat der Fall der tatarischen Studentin Dina Amirova und ihres Mannes, über den die Internetseite «Portal-Credo.Ru» im Sommer dieses Jahres berichtete: Seinen Anfang nimmt dieser Fall bereits im Jahr 2004, als in Tatarstan zwölf Muslime auf Grund ihrer Mitgliedschaft in der Gruppierung «Hizb ut-Tahrir» des religiösen Extremismus angeklagt worden waren. Ziel dieser international organisierten Gruppierung ist die Einrichtung eines islamischen Staates (Kalifates), dessen Verfassung auf der Scharia beruht und u. a. die Rechte von Nicht-Muslimen einschränken will. Dieses Ziel soll jedoch auf friedlichem Wege erreicht werden.

In Westeuropa befassten sich Gerichte mit Anhängern der Hizb ut-Tahrir auf Grund von deren antisemitischen Äußerungen; in Russland gilt dagegen die ganze Organisation als «terroristische Gruppierung» - und die Mitgliedschaft als strafbar. Dina Amirova hatte 2004 im Zuge der öffentlichen Debatte Informationsmaterialien der Hizb ut-Tahrir aus dem Internet heruntergeladen und in die Moschee mitgenommen. Im Jahr 2006 fand die Polizei bei einer Durchsuchung ihrer Wohnung diese Materialien, woraufhin sie des «religiösen Extremismus » angeklagt wurde.

Im Zuge des Gerichtsverfahrens wurde im April 2008 erneut eine Wohnungsdurchsuchung durchgeführt, bei der Amirovas Ehemann verhaftet und nach eigenen Aussagen gefoltert wurde, um ihm eine Denunziation der zwölf im Jahr 2004 Angeklagten abzupressen. Der Kazaner Imam Rustam Safin erklärte darauf hin, es handle sich bei der ganzen Angelegenheit nicht um eine Anklage gegen zwölf Muslime, sondern um eine «Kollektivanklage gegen die ganze Umma». Safin, dem ebenfalls Verbindungen zur Hizb ut-Tahrir vorgeworfen wurden, wurde im Mai 2009 zu einer Haftstrafe von zwei Jahren verurteilt. Er streitet - wie Amirova - ab, überhaupt Kontakte zu der Gruppierung zu haben; vielmehr setze er sich für Toleranz und gegenseitiges Verständnis ein.

Demgegenüber unterstrich der Leiter des Religionsrates von Tatarstan, Safin habe sowohl Informationsmaterial der Gruppierung bei sich zu Hause gehabt als auch deren Ideen in seinen Predigten verbreitet. Die Gruppierung sei verfassungswidrig; dabei spiele es keine Rolle, ob sie ihre Ideen auf friedlichem oder gewaltsamem Weg durchsetzen wolle.

www.portal-credo.ru, 15. Juli 2009 - R.C.

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