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Russischer Metropolit Ilarion erneuert Vorbehalte gegen EKD

20. Mai 2010

Die Differenzen zwischen der Russischen Orthodoxen Kirche und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) dauern auch nach dem im Frühjahr 2010 erfolgten Rücktritt Margot Käßmanns vom Ratsvorsitz an.

Metropolit Ilarion (Alfejev), Leiter des Kirchlichen Außenamtes der Russischen Orthodoxen Kirche, sagte im Interview mit der Nachrichtenagentur Interfax, bei der Wahl von Frau Käßmann habe es sich nur «um die Spitze eines Eisbergs gehandelt». Die Russische Orthodoxe Kirche sei grundsätzlich nicht einverstanden mit «jener Liberalisierung im Bereich von Theologie, kirchlichem Aufbau und Moral», die sich in vielen protestantischen Gemeinden, so auch in der EKD, beobachten lasse. Metropolit Ilarion stellte daher erneut die bisherige Form der Zusammenarbeit in Frage. Denn man müsse sich klar fragen, welchen Sinn ein Dialog mache, der «uns einander nicht näher bringt». Sicherlich gebe es viele Möglichkeiten zur Zusammenarbeit, und auch sollte das positive Potential, das in den letzten 50 Jahren des Dialogs aufgebaut worden sei, erhalten bleiben. Doch die künftige Form des Dialogs hänge davon ab, «wie ernst» der neue EKD-Ratsvorsitzende die Sorgen der Russischen Orthodoxen Kirche nehme. Deshalb werde es erst nach der für November vorgesehenen Wahl des Ratsvorsitzenden Gespräche über die zwischenkirchlichen Beziehungen geben.

In einer Reaktion darauf erklärte der amtierende EKD-Ratsvorsitzende, Präses Nikolaus Schneider, in einem Interview des Evangelischen Pressedienstes (epd), die Kirche der Reformation werde sich «nicht verstecken oder dafür entschuldigen, dass eine Frau zur Bischöfin oder zur Ratsvorsitzenden gewählt wird». Sie halte das aus ihrem Verständnis des Evangeliums heraus für richtig. Dieser Konfliktpunkt sei «durch einen Personenwechsel nicht erledigt, sondern er bleibt», so Schneider. Er hoffe und erwarte aber, «dass wir von unseren ökumenischen Partnerkirchen mit unserer Struktur und mit unseren theologischen Auffassungen akzeptiert werden». Allerdings gibt sich Metropolit Ilarion weiterhin kompromisslos: In einem Interview mit der in Würzburg erscheinenden Zeitung «Die Tagespost» bekräftigte er seine Vorbehalte gegen die lutherischen Kirchen, «die aus unserer Sicht gar keine Kirchen sind». Mit Blick auf die Wahl von Frau Käßmann sagte er, Patriarch Kirill hätte sich «offiziell nie mit einem weiblichen Bischof treffen können». Nach der Einführung von Pastorinnen in den 1970er Jahren habe man den Dialog nur deshalb nicht abgebrochen, «da wir den geistlichen Stand dieser Gemeinschaft sowieso nicht anerkennen »; insofern mache es keinen Unterschied, ob es weibliche oder männliche lutheranische Pastoren gebe. Anders verhalte es sich bei Bischöfinnen, da es einen Unterschied zwischen dem Priester- und dem Bischofsamt gebe. Generell warf Metropolit Ilarion der EKD vor, es an Aufmerksamkeit für die Themen fehlen zu lassen, «über die der andere in Sorge ist». Ähnlich wie Metropolit Ilarion äußerte sich auch Aleksandr Vasjutin, Mitarbeiter des Kirchlichen Außenamtes, an der 9. Versammlung des Arbeitskreises Bekennender Christen in Bayern. Auch nach seiner Einschätzung ist nach dem Rücktritt von Frau Käßmann keine Besserung der bilateralen Beziehungen eingetreten; vielmehr rechnet Vasjutin damit, dass der moderne protestantische Liberalismus seine Angriffe auf die angeblich zurückgebliebenen Konservativen, die Orthodoxen, verstärken werde.

www.interfax-religion.ru, 4. März; KNA, 8., 22. März; Orthodoxie Aktuell, März 2010 - O.S./S.K.

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