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Russland führt Schulfach «Grundlagen religiöser Kulturen und weltlicher Ethik» ein

20. Mai 2010

An gut tausend Schulen in 19 russischen Regionen ist am 1. April das neue Wahlpflichtfach «Grundlagen religiöser Kulturen und weltlicher Ethik» für die Klassen 4 und 5 eingeführt worden.

Bei dem Pilotprojekt können die insgesamt 300 000 Schüler zwischen sechs verschiedenen Modulen wählen: Grundlagen orthodoxer Kultur, Grundlagen islamischer Kultur, Grundlagen buddhistischer Kultur, Grundlagen jüdischer Kultur, Kulturelle Grundlagen der Weltreligionen oder Grundlagen weltlicher Ethik. Zur katholischen oder protestantischen Kultur werden keine eigenen Fächer angeboten, da beide Konfessionen als nicht «traditionell » für Russland angesehen werden.

Zur großen Enttäuschung der Russischen Orthodoxen Kirche entschied sich allerdings nur ein Drittel aller Schüler (bzw. deren Eltern) für das Fach «Grundlagen orthodoxer Kultur» (GOK), 40% hingegen für den Ethikunterricht sowie 25% für die «Kulturellen Grundlagen der Weltreligionen». Auf geringes Interesse stießen die Einführungen in Islam, Buddhismus und Judentum. Nach den bisher veröffentlichten Zahlen verteilen sich die Präferenzen in den Regionen wie folgt: Größte Zustimmung fanden die GOK in Kostroma (75%), in Stavropol (rund 60%) und in Tver (62%). In Tambov entschieden sich 55% der Schüler für die GOK, 37% für den Ethikunterricht, 7% für die Kultur der Weltreligionen und 0,2% für die Grundlagen des Islam. Auf Kamtschatka wählten 47% den Ethikunterricht und 39% die GOK. In Krasnojarsk entschieden sich 60% für den Ethikunterricht, 21,5% für die Weltreligionen und nur 19% für die GOK. Auf geringen Zuspruch stießen die GOK auch in Novosibirsk - 18%, in Kaliningrad - 34%, in Kurgan (Ural) - 20% und in Udmurtien - 16%. Zur besonderen Konsternation der Russischen Orthodoxen Kirche entschieden sich im Gebiet Pensa 100% der Schüler für den Ethikunterricht und kein einziger für die GOK.

Patriarch Kirill kommentierte dieses Wahlergebnis mit den Worten, die örtlichen Schulbehörden in Pensa hätten offensichtlich massiven Druck auf die Eltern ausgeübt, ihre Kinder nicht in die GOK zu schicken. In Pensa wirkten 200 orthodoxe Priester, die ihre Kinder sicherlich in die GOK geschickt hätten. Marianna Schachovitsch, Lehrstuhlinhaberin für Philosophie, Religion und Religionswissenschaft an der Geisteswissenschaftlichen (Privat)Universität St. Petersburg, kritisierte den Patriarchen für diese Äußerungen: Der Patriarch spreche gläubigen Eltern das Recht ab, ihre Kinder wertneutral unterrichten zu lassen und ihre Kinder lieber selber religiös zu unterweisen oder in die Sonntagsschule zu schicken, anstatt sie in den Unterricht zu schlecht informierten und oft glaubenslosen GOK-Lehrern zu schicken.

www.portal-credo.ru, 23. März, 22. April 2010 - O.S.

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