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Serbien: Neuer Patriarch zu Ökumene, LGBT-Rechten und ukrainischem Kirchenkonflikt

23. März 2021

Der neue serbische Patriarch Porfirije hat sich zurückhaltend zu einem möglichen Besuch des Papstes in Serbien geäußert.

In einem Interview mit dem staatlichen serbischen Fernsehsender RTS erinnerte er daran, dass bereits sein Vorgänger, Patriarch Irinej, einen solchen Besuch zur Stärkung der Beziehungen zwischen der Serbischen Orthodoxen Kirche (SOK) und der römisch-katholischen Kirche im Prinzip begrüßt hätte. Doch gebe es noch keine konkrete Initiative, zudem könne er in dieser wichtigen Frage nicht allein, sondern nur gemeinsam mit der Bischofsversammlung entscheiden.

Ausdrücklich würdigte er die Entscheidung von Papst Franziskus, eine Dialogkommission zwischen den beiden Kirchen zur umstrittenen Rolle des Zagreber Erzbischof Alojzije Kardinal Stepinac während des Zweiten Weltkriegs einzusetzen, als „große Geste“. Auch wenn die Sichtweisen auf Stepinac nach wie vor unterschiedlich seien, sei man sich nähergekommen: „Diese Treffen […] führten zu etwas Paradoxem: wir kamen einander immer näher, so dass einer den anderen besser versteht. Wir blieben nur jeder bei seinen Positionen, doch wenn wir fortfahren uns auszutauschen, nicht über dieses Thema, sondern auch über andere Themen, glaube ich, dass wir leichter einen Weg ohne Unruhen und ohne Problem finden werden.“ Mit Blick auf das Vernichtungslager Jasenovac, das während des Zweiten Weltkriegs vom faschistischen „Unabhängigen Staat Kroatien“ (NDH) betrieben wurde, betonte der Patriarch, dass „wir alles tun müssen, um eine Versöhnung zu erreichen“. Die Erinnerung müsse bewahrt und das Gedenken gepflegt werden, aber als Christ müsse man sich zugleich gegen negatives Gedenken wehren, man müsse in die Zukunft blicken. In der Erinnerungskultur dürfe man nicht in Rachsucht und Hass gefangen sein, weil „diese Spirale des Bösen kein Ende haben wird“.

Aufhorchen ließ auch, dass Patriarch Porfirije im Interview Verständnis für die Schwierigkeiten von LGBT-Menschen zeigte. Für die Kirche sei die Ehe ein Bund zwischen Mann und Frau, aber er verstehe Menschen mit einer anderen sexuellen Orientierung, die zahlreiche administrative Probleme hätten, vor Herausforderungen stünden und Druck ausgesetzt seien. Im Hinblick auf ein mögliches Gesetz über gleichgeschlechtliche Partnerschaften lehnt er die Bezeichnung Ehe dafür ab, nicht jedoch eine Regelung ihres Status an sich. Kritisch sieht er den „gesellschaftspolitischen Druck der EU“ in diesen Fragen.

Hinsichtlich der Auseinandersetzung um die Autokephalie in der Ukraine bestritt Porfirije, dass die SOK auf der Seite der Russischen Orthodoxen Kirche (ROK) stehe. Die SOK stehe in diesem Fall und prinzipiell „immer auf der Seite der Kanones und der Ordnung“. Das Vorgehen des Ökumenischen Patriarchats in der Ukraine entspreche diesen nicht und die ROK sei in ihren Rechten verletzt worden. Von Druck aus Konstantinopel – weil die SOK trotzdem die eucharistische Gemeinschaft mit dem Ökumenischen Patriarchat nicht abgebrochen hat – wollte Porfirije ebenfalls nichts wissen.

Mit Blick auf die Coronavirus-Epidemie betonte der Patriarch die Pflicht, sich an alle Maßnahmen gegen die Ausbreitung der Krankheit zu halten. Aber dabei sollten auch Fragen der geistigen Gesundheit berücksichtigt werden, dazu müssten Soziologen und Psychologen sowie letztlich auch Geistliche beigezogen werden. Er hält es für möglich, auch unter diesen Umständen Gottesdienste und alle religiösen Riten so zu organisieren, dass die epidemiologischen Maßnahmen eingehalten und so andere vor sich selbst geschützt werden.

Anfang März musste sich Patriarch Porfirije selbst in Quarantäne begeben, da er Kontakt mit einem später positiv auf das Coronavirus getesteten Priester hatte. Sein Vorgänger, Patriarch Irinej, war im November 2020 an den Folgen einer Coronavirus-Infektion gestorben. Am 4. März ist außerdem der emeritierte Bischof Atanasije (Jevtić) von Zahumlje und der Herzegowina in Trebinje an Covid-19 gestorben. Beerdigt wurde der hoch angesehene Theologe am 6. März im Kloster Tvrdoš in der Nähe von Trebinje.

www.rts.rs, 3. März; www.spc.rs, 3., 8. März 2021 – N. Z.

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