Skip to main content

Stellungnahme der ungarischen Kirchen zum slowakischen Sprachengesetz

28. September 2009

Am 1. September 2009 ist in der Slowakei ein neues Sprachgesetz in Kraft getreten, das die Verwendung des Slowakischen in den meisten Bereichen des öffentlichen Lebens festschreibt.

Der slowakische Präsident Ivan Gašparovi? hat das Gesetz trotz breiter parteiübergreifender Proteste vor allem der ungarischen Minderheit (die rund 10 % der Bevölkerung der Slowakei stellt) unterzeichnet. Das Gesetz verletzt internationale Standards zum Schutz von Minderheitensprachen: So sieht es u. a. vor, dass in Ortschaften, in denen der Anteil der Minderheit weniger als 20 % beträgt, in der offiziellen Situationen (d. h. insbesondere Gesprächen mit amtlichen Stellen) ausschließlich Slowakisch verwendet werden darf - selbst wenn alle Gesprächsteilnehmer eine andere Sprache als Slowakisch besser beherrschen. Die Ungarische Katholische Bischofskonferenz, die Reformierte Kirche in Ungarn, die Evangelisch-Lutherische Kirche in Ungarn sowie der Bund der jüdischen Glaubensgemeinschaften Ungarns haben daraufhin am 8. Juli eine gemeinsame Stellungnahme veröffentlicht. In dieser bezeichnen sie es als «bedenklich», dass nach dem Gesetz «in der Slowakei [...] der Gebrauch der ungarischen Sprache bestraft werden kann,» wodurch «die Rechte der in der Slowakei lebenden Minderheit verletzt» würden.

Die Glaubensgemeinschaften erklären weiter: «Wir unterstützen die von der Regierung der Republik Ungarn und den parlamentarischen Parteien gegebenen Erklärungen, die das Sprachengesetz verurteilen, und bitten sie, dass sie nach ihren Möglichkeiten bei den europäischen Körperschaften alles für die Aufhebung des verabschiedeten Gesetzes und für die Wahrung der Regeln des europäischen Zusammenlebens im Zeichen der Jahrtausende alten jüdischchristlichen Werteordnung tun.»

Bereits in den 1990er Jahren wurden in der Slowakei restriktive Sprachgesetze verabschiedet, deren harte Bestimmungen jedoch von der Regierung unter dem Christdemokraten Dzurinda 1999 wieder etwas gemildert wurden. Die jetzige Regierung unter dem sozialdemokratischen Premierminister Robert Fico, der mit der rechtsradikalen Slowakischen Nationalpartei (SNS) eine Koalition bildet, nimmt mit dem Gesetz (das bei Zuwiderhandlungen Geldstrafen von bis zu 5 000 Euro vorsieht) Kritik von internationaler Seite und voraussichtlich auch eine Klage vor dem Europäischen Menschengerichtshof in Kauf. Im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des Gesetzes kam es zu Massenprotesten der ungarischen Minderheit, die durch ein Treffen des ungarischen und des slowakischen Ministerpräsidenten am 10. September beigelegt werden sollten. Von sich reden machte im Vorfeld davon die Aussage des ungarischen Ministerpräsidenten Bajnai, es gehe nicht an, dass einem Bürger der Slowakei das Recht verwehrt werde, «die Messe in seiner Muttersprache zu hören» - wobei jedoch das Sprachgesetz die Sprache kirchlicher Handlungen nicht reglementiert.

FAZ, 27. Juli; www.leuenberg.eu/9970-0-10, 8. Juli; www.sme.sk, 4. September 2009 - R.C.

Drucken